Studien belegen: Die übermäßige Nutzung von Smartphones und Tablets fördert die Entwicklung von Kurzsichtigkeit bei Kindern. Wie viel Zeit am Handy ist aus Sicht der Augenexperten ratsam? Was können Eltern tun, um den Nachwuchs vor Kurzsichtigkeit zu schützen? Prof. Dr. med. Hans Hoerauf, Präsident der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), gibt Empfehlungen.
Prof. Dr. med. Hans Hoerauf
Präsident der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG)
In den vergangenen Jahren ist die Anzahl kurzsichtiger Menschen in den Industrieländern rasant angestiegen – in Deutschland ist inzwischen knapp die Hälfte aller jungen Erwachsenen betroffen. Augenexperten sind sich einig: Die Zunahme ist vor allem auf sehr frühen und intensiven Gebrauch von PCs, Smartphones und Tablets bei gleichzeitig immer kürzeren Tagesaufenthalten im Freien zurückzuführen. Fest steht auch, dass früh gegengesteuert werden sollte. Kurzsichtigkeit ist neben dem Alter der Hauptrisikofaktor für ernste Augenerkrankungen wie grüner und grauer Star oder auch Netzhautablösung.
Tipps zur Nutzung digitaler Medien
Eltern sollten daher die Nutzungsdauer digitaler Medien bei ihrem Nachwuchs begrenzen. Aus augenärztlicher Sicht sind PC, Smartphone oder Tablet für Kinder bis zu einem Alter von drei Jahren gänzlich ungeeignet. Für Vier- bis Sechsjährige sollten Eltern der Einschätzung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) folgen, die tägliche Nutzungsdauer auf bis zu 30 Minuten zu begrenzen; für Grundschüler beläuft sich diese Empfehlung auf eine Stunde. Besitzen Kinder eigene Geräte, die sie außer Haus mitnehmen, sollten die Eltern entweder Regeln aufstellen oder die Nutzungsdauer technisch beschränken, etwa mit einer App oder Kindersicherung.
Prävention und Behandlung
Darüber hinaus gibt es weitere Maßnahmen, um Kurzsichtigkeit aufzuhalten. Nach heutigen Erkenntnissen halbieren zwei Stunden täglicher Aufenthalt im Freien bei Tageslicht das Risiko für Kurzsichtigkeit. Zudem sollte längeres Lesen in einem Abstand von weniger als 30 Zentimetern vermieden werden. Spezielle Kontaktlinsen können das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit ebenfalls abbremsen.
Als besonders wirksam hat sich eine Behandlung mit niedrig dosierten Atropin-Augentropfen erwiesen. Atropin, eine Substanz aus der Tollkirsche, kann in einer Konzentration von 0,01 Prozent das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit um bis zu 50 Prozent verringern und ist in dieser niedrigen Dosierung gleichzeitig weitgehend nebenwirkungsfrei. Leichte Blendungsempfindlichkeit und Nahsichtstörung bilden sich bei Absetzen vollständig zurück, sodass kein Schaden entsteht.
Die Atropin-Therapie hat sich weltweit schnell durchgesetzt und wird auch in Deutschland von vielen Augenärzten in Kliniken und Praxen praktiziert. Infrage kommen Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren, bei denen die Kurzsichtigkeit pro Jahr um mindestens eine halbe Dioptrie zunimmt. Dabei geben die Eltern abends vor dem Zubettgehen jeweils einen Tropfen in jedes Auge. Wichtig ist eine Tropfenzubereitung ohne Konservierungsmittel.