Bei der Narkolepsie ist der Teil des menschlichen Gehirns, der den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert, dauerhaft gestört. Im Interview spricht Prof. Dr. med. Peter Young, Direktor der Klinik für Schlafmedizin und Neuromuskuläre Erkrankungen am Universitätsklinikum Münster, über die rätselhafte Schlafkrankheit.
Prof. Young, Sie sind internationaler Experte für Narkolepsie, die sogenannte Schlafkrankheit. Können Sie uns kurz erklären, wie sich diese Krankheit äußert?
Menschen mit Narkolepsie leiden unter einer ausgeprägten Tagesschläfrigkeit. Aus diesem Grund geraten sie durch Einschlafattacken, die einige Minuten bis wenige Stunden andauern, tagsüber auch immer wieder in gefährliche Situationen, weil sie plötzlich in den Schlaf hineingleiten: beim Reden oder Essen, in der Schule, beim Job oder sogar beim Fahrradfahren, also wenn sie aktiv sind.
Tritt Narkolepsie plötzlich auf oder äußern sich vorher schon Symptome?
Bei einigen Menschen beginnt die Erkrankung relativ plötzlich, innerhalb von wenigen Tagen und Wochen. Bei anderen entwickelt sich die Krankheit über ein halbes Jahr oder länger.
Was sind die Symptome?
Das führende Symptom ist immer die exzessive Tagesschläfrigkeit, unabhängig vom Nachtschlaf. Aus diesem Grund kann man die Narkolepsie auch als Schlafsucht bezeichnen. Zudem können den Betroffenen im Wachzustand plötzlich die Muskeln teilweise oder vollständig versagen, die Muskulatur wird schlaff wie im Traumschlaf. Das nennt man Lachschlag oder auch Kataplexie.
Häufig sind Menschen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr betroffen.
Das bedeutet, man hat eine besonders freudige oder traurige Erregung und plötzlich gehen einem die Beine weg – ähnlich für Außenstehende wie ein epileptischer Anfall, aber im Gegensatz zum epileptischen Anfall ist der Betroffene während einer Kataplexie bei vollem Bewusstsein, die Muskeln verkrampfen nicht und der Zustand dauert nur wenige Sekunden bis Minuten an.
Kann Narkolepsie in jedem Alter auftreten?
Grundsätzlich ja, dennoch gibt es Erkrankungsgipfel. Häufig sind Menschen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr betroffen sowie um das 50. bis 60. Lebensjahr herum.
Welche Möglichkeiten einer verlässlichen Diagnosestellung gibt es?
Über den Schlafmediziner und das Schlaflabor. Zuvor wird die Krankengeschichte erhoben, über die man bereits sehr viel herausbekommen kann. Und das wird dann kombiniert mit einer Schlaflaboruntersuchung, in der zum einen der Nachtschlaf untersucht wird und zum anderen die Tagesschläfrigkeit.
Dazu wird ein spezieller Tagschlaftest, der Multiple-Schlaf-Latenz-Test (MSLT), durchgeführt, bei dem tatsächlich getestet wird, ob der Patient am Tage häufiger einschläft. Zusätzlich gibt es noch Laboruntersuchungen, bei denen eine HLA-Typisierung erfolgt.
Wie kann man Narkolepsie behandeln?
Hier gibt es verschiedene Medikamente, um die einzelnen Symptome zu behandeln. Mit Stimulanzien (Wachmachern) wird beispielsweise die Schläfrigkeit verbessert. Kataplexien und auch Schlaflähmungen können je nach Patient beispielsweise mit Noradrenalin und Serotonin-Wiederaufnahmehemmern behandelt werden.
Bis heute sind die Ursachen der Krankheit unklar.
Seit 2005 gibt es eine Therapieform mit dem Wirkstoff Gamma-Hydroxybuttersäure-Natriumsalz (Natriumoxybat), die sehr wirksam ist. Seit Ende 2015 ist zudem der Histamin-Agonist Plitosant zugelassen, der die exzessive Tagesschläfrigkeit reduziert, ohne schwere Nebenwirkungen zu verursachen.
Kann man Narkolepsie heilen?
Leider nein. Bis heute sind die Ursachen der Krankheit unklar.