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    Lebensbedrohliche Fehlbildung

    Was versteht man unter einer Ösophagusatresie?

    Die Ösophagusatresie ist eine seltene, angeborene Fehlbildung. Dabei ist die Speiseröhre nicht durchgängig, das heißt, es gibt keine Verbindung in den Magen. Meist haben die Kinder eine Verbindung (Fistel) der oberen Speiseröhrenhälfte mit der Luftröhre, manchmal liegt die Fistel im unteren Bereich. Einige Kinder haben oben und unten eine Fistel, was die Komplexität der Versorgung erhöht.

    Eine Ösophagusatresie ist nicht nur eine Herausforderung für die Kinderchirurgie, sondern auch für die Anästhesie, die Pflege und die Abstimmung mit Kolleginnen und Kollegen der Gastroenterologie, HNO, Pneumologie, Kardiologie, Radiologie, Orthopädie und gegebenenfalls noch weiteren Fachdisziplinen.

    Welche Bedeutung hat die qualifizierte Erstversorgung bei Neugeborenen mit einer Ösophagusatresie?

    In den ersten Lebensminuten gelangt der Speichel oder die Milch in die Luftröhre, der Säugling hustet, spuckt und  läuft blau an. Es handelt sich um einen Notfall, der möglichst schnell in erfahrene Hände gehört – eine Verlegung in ein Zentrum ist jedoch fast immer möglich. Die Gabe von Nahrung verbietet sich bis zur klaren Diagnose.

    Eine schlechte erste operative Versorgung führt zu lebenslangen Problemen.

    Die Kinder dürfen auch nicht ohne besondere Achtsamkeit beatmet werden, da die Gefahr besteht, dass über die untere Fistel der Magen mit Luft aufgepumpt wird. In unerfahrenen Kliniken kommt es hier gelegentlich zu lebensbedrohlichen Komplikationen. Seltene Begleitfehlbildungen, insbesondere der Luftröhre und des Bronchialsystems, aber auch des Herzens, sollten unbedingt durch entsprechende Diagnostik erkannt werden, bevor die Speiseröhre operiert wird. Leider ist dies trotz Leitlinienempfehlung kein Standard.

    In kleinen kinderchirurgischen Abteilungen ohne verfügbare Kinderanästhesie oder erfahrene Kinderpneumologen können während der Operation schwerwiegende Komplikationen auftreten, die lebensbedrohlich sind und häufig die Lebensqualität dauerhaft beschränken. Eine schlechte erste operative Versorgung führt zu lebenslangen Problemen.

    Welche Verantwortung tragen dabei Kinderchirurgen?

    Es liegt in der Verantwortung des Kinderchirurgen, diese seltene Fehlbildung nur dann tatsächlich im eigenen Haus zu operieren, wenn er die notwendigen Strukturen und Erfahrungen zur Verfügung stellen kann. Eltern sind so kurz nach der Diagnose traumatisiert und können die Reichweite ihrer Entscheidung nicht beurteilen.

    Die Selbsthilfeorganisation KEKS stellt für alle Patienten ein Nachuntersuchungsbuch zur Verfügung.

    Die Fachgesellschaft der Kinderchirurgen hat eine klare Empfehlung zur Neugeborenenchirurgie verfasst. Wer diese Minimumanforderung nicht erfüllt, sollte seine kleinen Patienten in eine Klinik mit mehr Erfahrung empfehlen. Leider ist das im Moment noch eher die Ausnahme, viele Kinder werden in Kliniken behandelt, die weniger als einen Fall pro Jahr sehen.

    In jedem Fall sollten Betroffene nach der Erfahrung bei der Behandlung dieser seltenen Fehlbildung fragen. Die fehlende Einsicht, dass auch nach einer erfolgreichen Erstoperation jederzeit eine Komplikation auftreten kann, führt manchmal Jahre später zu neuerlichen Problemen. Daher muss lebenslang eine spezialisierte Nachsorge erfolgen.

    Erfahrene Ärzte sprechen das regelmäßig aktiv an. Die Selbsthilfeorganisation KEKS stellt für alle Patienten ein Nachuntersuchungsbuch zur Verfügung. Eine Klinik, die weder ein multidisziplinäres und strukturiertes Nachsorgeprogramm anbietet noch mit Selbsthilfe kooperiert, ist für die Versorgung dieser Patienten wenig geeignet.

    Was verbirgt sich hinter KEKS e. V.?

    Die bundesweit aktive Selbsthilfe- und Patientenorganisation KEKS e. V. ist 1984 als Elternkreis gegründet worden. KEKS bietet professionelle Beratung von Familien und Patienten, aber auch von Behandlern an. Im Moment besteht das KEKS-Medizinteam aus zwei erfahrenen hauptamtlichen Fachkräften. Ein Vorstandsmitglied von KEKS ist im Europäischen Referenznetzwerk ERNICA sowohl im Beirat als auch im Arbeitspaket Ösophagusatresie als Patientenvertreterin tätig.

    Diese zum 1. März 2017 gegründeten internationalen Netzwerke sind Hoffnung für zahlreiche Patienten mit einer seltenen Diagnose – nicht nur bei Ösophagusatresie.


    Checkliste für Eltern

    Kinderchirurgen müssen sich bewusst sein, dass ihre Arbeit lebenslang einen massiven Einfluss, im Guten wie im Schlechten, auf ihren Patient ausübt. Deshalb gibt es für sie niemals Raum für einen Kompromiss. Betroffene Eltern werden deshalb aufgefordert offensiv und kritisch mit den Verantwortlichen für eine medizinische Behandlung in den Kliniken ins Gespräch zu gehen. Fragen an die Chef- und Oberärzte sollten zum Beispiel beinhalten:

    • Wieviel Fälle haben Sie persönlich schon insgesamt behandelt?
    • Wieviel Fälle wurden in den letzten fünf Jahren in dieser Kinderchirurgie behandelt?
    • Beherrschen Sie die notwendigen Techniken um die Eingriffe minimal-invasiv durchzuführen?
    • Pflegen die Ärzte ein Netzwerk für Techniken, die sie selber nicht beherrschen.
    • Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit mit den Pulmologen, der HNO-Abteilung, den Kardiologen und den Neonatologen?
    • Wie erfahren ist das derzeitige pflegerische Team in der Betreuung von Patienten mit einer Ösophagusatresie?
    • Wie schnell kann ich Sie bei Fragen und Problemen während des Klinikaufenthaltes erreichen?
    • Welche Angebote können Sie mir für die Nachsorge meines Kindes machen?
    • Wer unterstützt mich nach dem Klinikaufenthalt zu Hause?
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