Einen sogenannten „künstlichen Ausgang“ zu erhalten ist ein großer Einschnitt in das Leben. Viele Betroffene fühlen sich nach der Stomaanlage, als hätten Sie den Boden unter den Füßen verloren. Ihre Furcht ist es, dass sich durch das Stoma ihr Leben von Grund auf ändert. Im Interview spricht Werner Droste von der Fachgesellschaft Stoma, Kontinenz und Wunde e.V. über die Stomaversorgung und einen Alltag ohne gravierende Einschränkungen.
Was genau ist ein Stoma und welche Stoma-Versorgungssysteme gibt es?
Als Stoma bezeichnet man die künstlich geschaffene Ausleitung des Darmes oder der ableitenden Harnwege über eine Öffnung in der Bauchdecke. Die Betroffenen Menschen entleeren dann ihre Ausscheidungen in Auffangsysteme, die mit haftenden Hautschutzflächen auf der Bauchdecke befestigt werden. Hierzu werden von den Herstellern dieser Versorgungssysteme mehrere Tausend unterschiedlich konstruierte und ausgefertigte Produkte als medizinische Hilfsmittel den Menschen über die gesetzlichen Krankversicherungen durch Fachhandelsunternehmen zur Verfügung gestellt.
Wann kommt ein Stoma zum Einsatz?
Die Indikationen für eine Stomaanlage sind sehr vielfältig und orientieren sich an der Grunderkrankung sowie den erforderlichen Therapiemaßnahmen.
Eine sehr grobe Einteilung besagt, dass etwa 2/3 aller Stomaträger die Stomaanlage in Zusammenhang mit einer onkologischen Erkrankung erhalten. Etwa 10 % bekommen ihr Stoma bei Vorliegen einer chronisch endzündlichen Darmerkrankung. Den Rest stellen Stomaanlagen aufgrund von angeborenen Fehlbildungen, Verletzungen des Darms oder der ableitenden Harnwege und weiterer, weniger häufig vorkommender Krankheitsursachen dar
Heißt einmal Stoma immer Stoma?
Nein, ein großer Teil der jährlich neu angelegten Stomaanlagen kann oft bereits nach kurzer Zeit zurück verlagert werden. Hierzu ist eine erneute, aber kleinere Operation notwendig, um die Kontinuität im Darmverlauf wieder herzustellen.
Wie häufig sind Kinder davon betroffen, wie häufig Erwachsene?
Eine Stomaanlage geschieht in allen Altersgruppen, wobei der Schwerpunkt bei den Erwachsenen ab dem 50. Lebensjahr liegt. Wir als FgSKW gehen aufgrund der Daten des Statistischen Bundesamtes davon aus, dass jährlich etwa 40 000 Menschen ein Stoma neu erhalten. Ein großer Teil dieser Stomaanlagen wird zeitnah wieder zurück verlagert. Stomaanlagen im Säuglings- und Kindesalter werden häufig aufgrund angeborener Fehlbildungen angelegt. Die jährliche Statistik der Kliniken zeigt, dass nur ein relativ kleiner Anteil der jährlichen Neuanlagen auf die Säuglinge und Kinder entfällt.
Wie gestaltet sich der Alltag mit einem Stoma? Ist ein normales Leben (Arbeit, Kinder, Liebe) überhaupt möglich?
Ein Leben mit einem Stoma ist in der Regel ohne gravierende Einschränkungen möglich. In der Bundesrepublik Deutschland leben aktuell etwa 160 000 Menschen mit einem Stoma. Ein Teil dieser Menschen mit einem Stoma ist nach der Stomaanlage wieder berufstätig. Auch eine Schwangerschaft ist für jüngere Frauen mit einem Stoma durchaus möglich und kommt in der Praxis auch immer wieder vor. Für Einschränkungen jeglicher Art sind oft nicht so sehr die Stomaanlage selbst, sondern vielmehr die zugrunde liegenden Erkrankungen und mögliche Therapiefolgen verantwortlich. Ein technisch gut angelegtes Stoma ist nach der Anleitung zur Selbstversorgung durch die betroffenen Menschen meist autonom zu versorgen. Nur in wenigen Fällen benötigen Stomaträger dauerhaft Hilfe bei der Stomaversorgung durch qualifizierte Pflegekräfte oder in der Versorgung geschulte pflegende Angehörige.
Was ist bei der Pflege besonders zu beachten?
Dem Schutz der intakten Haut in der Stomaumgebung wird die größte Aufmerksamkeit zuteil. Alle Maßnahmen der pflegerischen Versorgung sind darauf ausgerichtet, eine gesunde und unverletzte Haut in der Stomaumgebung zu erhalten. Nur dann sind die Vorssaussetzungen gegeben, eine sichere und unauffällige Stomaversorgung zu bewahren.
Bei Komplikationen aller Art stehen den betroffenen Menschen besonders qualifizierte Pflegexperten zur Seite. Diese arbeiten in enger Kooperation mit Ärzten verschiedener Fachrichtungen und den Organisationen der Selbsthilfe zusammen. Das Ziel dieser Zusammenarbeit ist, allen Stomaträgern ein erfülltes Leben mit einem sicher versorgten Stoma zu gewährleisten und somit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu sichern.
INFORMATION
Mehr Informationen erhalten Sie auf www.fgskw.org.