Moderne Krebstherapien setzen zunehmend das körpereigene Immunsystem im Kampf gegen bestimmte Krebserkrankungen ein. Ein relativ junger Ansatz ist die CAR-T-Zelltherapie. Für Prof. Dr. med. Wolfgang Bethge, Stellvertretender Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin II und Leiter des Zentrums für Klinische Studien ZKS Tübingen, stellt sie eine wichtige Behandlungsoption bei bestimmten Blutkrebsformen dar.
Prof. Dr. med. Wolfgang Bethge
Universitätsklinikum Tübingen
Foto: UK Tübingen/Verena Müller
Bei CAR-T-Zelltherapien werden körpereigene Zellen eingesetzt. Was ist das Besondere an der Therapie?
Es werden patienteneigene Immunzellen, sogenannte T-Zellen, genetisch so modifiziert, dass sie spezifisch ein bestimmtes Oberflächenprotein auf Zielzellen erkennen, sodass sie die Zielzellen/Tumorzellen angreifen und zerstören können.
Wie läuft eine CAR-T-Zelltherapie ab?
Dazu müssen ausreichend T-Zellen aus dem Blut des Patienten gesammelt werden. Danach werden die Zellen in der Herstellungsstätte aufgereinigt, genetisch verändert und vermehrt. Nach Qualitätskontrollen erhält das zugelassene, qualifizierte Behandlungszentrum die Zellen tiefgefroren zurück. Vor Gabe der aufgetauten CAR-T-Zellen erhält der Patient eine Chemotherapie zur Lymphodepletion, sodass sich die CAR-T-Zellen nach der Gabe im Körper ausbreiten und vermehren können.
Welche Patienten können aktuell behandelt werden?
Derzeit ist die CAR-T-Zelltherapie bei bestimmten Formen von aggressivem Lymphdrüsenkrebs sowie zur Behandlung einer bestimmten Form der Leukämie zugelassen. Die Behandlung erfolgt nur an spezialisierten und zertifizierten Zentren.
Welche Chancen kann eine CAR-T-Zelltherapie eröffnen?
Mit diesem Ansatz kann Patienten, die nach Therapieversagen bei einer Leukämie oder einem aggressiven Lymphom kaum noch Behandlungsmöglichkeiten haben, wieder eine Therapie mit einer potenziellen Aussicht auf Langzeitremission angeboten werden.
Worauf ist bei einer CAR-T-Zelltherapie hinsichtlich eventuell auftretender Nebenwirkungen zu achten?
Bei einer CAR-T-Zelltherapie kann es zu schwerwiegenden und lebensbedrohlichen Nebenwirkungen kommen. Insbesondere kann es nach Gabe der Zellen zu einem sogenannten Zytokinsturm, einer ausgeprägten Reaktion mit Fieber und Kreislaufreaktion, und zu neurologischen Nebenwirkungen kommen. Zudem ist das Immunsystem über längere Zeit eingeschränkt, da CAR-T-Zellen auch die Zahl gesunder Immunzellen vermindern können. Darüber hinaus sind weitere Nebenwirkungen möglich.
Was bedeutet es für Sie, wenn Sie Patienten mit zuvor limitierten Behandlungsmöglichkeiten nun eine Therapieoption anbieten können?
Die CAR-T-Zelltherapie ist eine der großen Entwicklungen der letzten Jahre. Wir behandeln teilweise Patienten, die sonst keine längere Überlebenschance mehr hätten. Jeder Patient, dem wir dadurch die Perspektive auf ein längeres Leben ermöglichen können, motiviert uns, diese Behandlungsform bei weiteren onkologischen Erkrankungen zu erforschen.
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