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Sabine K.* leidet an rheumatoider Arthritis. Eine Heilung gibt es nicht; oft besteht eher die Gefahr einer allmählichen Verschlimmerung der Symptome. Doch Sabine K. hatte Glück im Unglück: Durch ein neues, biologisch hergestelltes Medikament konnten ihre Beschwerden deutlich gelindert werden.

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Walter Röhrer

Biosimilars-Experte bei Biogen 
Foto: Svea Pitschmann

Patienten mit rheumatoider Arthritis, der häufigsten entzündlich-rheumatischen Erkrankung, leiden unter dauerhaften Entzündungen mehrerer Gelenke, die sich meist allmählich verformen und versteifen. Etwa ein Prozent aller Erwachsenen in Deutschland ist betroffen, Frauen erkranken etwa doppelt so häufig wie Männer, meist tritt die Krankheit nach dem 50. Lebensjahr auf – Sabine K. ist in dieser Hinsicht ein „typischer Fall“. Genau so typisch war leider auch ihre jahrelange „Suche“ nach dem passenden Arzneimittel.

Da es bisher keine Heilung gibt, ist das Ziel der Behandlung, Beschwerden zu lindern und ein Fortschreiten der Erkrankung möglichst aufzuhalten. Neben nicht medikamentösen Verfahren wie Krankengymnastik, gesunder Ernährung und Therapien, die Symptome lindern, kommen dabei auch krankheitsmodifizierende Medikamente zum Einsatz.

Hier stehen seit einigen Jahren sogenannte TNF-Blocker zur Verfügung, die über einen Einfluss auf das Immunsystem entzündliche Erkrankungen wie die rheumatoide Arthritis lindern. So einen TNF-Blocker hatte Sabine K. schließlich auch gefunden. Dass es sich um ein Biologikum, also ein biologisch hergestelltes Medikament, handelt, war ihr dabei erst einmal ziemlich egal. Wichtig war nur eins: Ihre Beschwerden wurden durch die Therapie deutlich gelindert.

Da Biologika wegen der extrem aufwendigen Herstellung allerdings sehr kostenintensiv sind, spielte dieser Kontext dann aber trotzdem bald eine Rolle. Denn ihr Arzt schlug Sabine K. eine Lösung vor, die günstiger ist, aber genauso gut wirkt: Nach dem Patentablauf ihres Medikaments gab es inzwischen ein Nachahmerpräparat – ein sogenanntes Biosimilar. Biologika? Biosimilar?

Wenn ein Biosimilars-Experte wie Walter Röhrer von Biogen, einem Hersteller von drei Anti-TNF-Biosimilars, es erklärt, klingt das Ganze gar nicht so kompliziert:
„Biosimilars sind Nachfolgerpräparate zu Biologika: Sie wirken genauso wie das Referenzmedikament, aber weil beide aus lebenden Zellkulturen gewonnen werden, können sie nie völlig identisch sein – wie das bei Generika der Fall ist, die der breiten Bevölkerung ja schon gut bekannt sind. Biosimilars heißen so, weil sie dem Original immer nur extrem ähnlich – engl. ,similar‘ – sein können. Es gibt eben in der Biologie keine völlig identischen Kopien.“

Es gibt in der Biologie keine völlig identischen Kopien

Moment mal, dachte Sabine K., wenn die immer nur ähnlich sein können – wie kann ich mich dann darauf verlassen, dass sie genauso gut wirken? Wirken die Nachahmer eventuell nur „wahrscheinlich genauso“? Walter Röhrer freut sich über den Einwand: „Das ist eine sehr gute Frage!

Und das gut zu erklären, ist nicht so einfach. Ich fange da meistens mit unserem Gesundheitssystem an. Denn in Deutschland kann man sich über eines ganz sicher sein: Es passiert im Gesundheitssystem nichts ohne sehr viele Tests, Verfahren, Zulassungen und Regelwerke. Und das ist gut so! Die Biosimilars machen da keine Ausnahme.

In vielen Verfahren und über mehrere Phasen hinweg müssen sie den von der Zulassungsbehörde definierten hohen Anforderungen an Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität in Bezug auf die Vergleichbarkeit mit dem Referenzprodukt entsprechen. Das bedeutet, dass ein Biosimilar mit dem Referenzprodukt so vergleichbar ist, dass es vom Arzt alternativ verordnet werden kann. Sonst dürfte es gar nicht verschrieben werden!“

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft veröffentlichte bereits 2008 eine Stellungnahme zu Biosimilars mit Empfehlungen zur Neueinstellung und Umstellung von Patienten. Dort heißt es: „Daher können biosimilare Arzneimittel bei Beginn einer Behandlung ebenso eingesetzt werden wie das Arzneimittel des Originalherstellers.“ Außerdem gilt, anders als bei den Generika: Die Entscheidung über den Austausch eines Referenzpräparats gegen ein Biosimilar wird immer vom Arzt gemeinsam mit dem Patienten getroffen und nicht einfach vor Ort in der Apotheke.

Sabines Arzt hat sich mit ihr gemeinsam für diesen Schritt entschieden, und sie hat ihn nicht bereut. Die Umstellung lief problemlos – für Sabine K. hat sich nur die Packung ihres Medikaments und das kleine Gerät, mit dem sie sich das Präparat selbst spritzt, geändert. Ihr Arzt hat ihr den Umgang damit aber genau erklärt, so hatte sie damit keine Schwierigkeiten. 

Biosimilars helfen Patienten – und dem Gesundheitssystem

Der Einsatz von Biosimilars hat sowohl für die Versorgung der Patienten als auch für das Gesundheitssystem als Ganzes große Vorteile. Biologika, wie die TNF-Blocker im Fall von Sabine K., haben die Behandlung vieler Erkrankungen revolutioniert. Denn sie wirken sehr gezielt. Doch derartige biotechnologische Produkte herzustellen, ist aufwendig, komplex und teuer. Dies spiegelt sich in den Preisen der Medikamente wider – der Patentschutz ist ein Anreiz für Pharmaunternehmen, solche Arzneimittel trotz des großen Aufwandes herzustellen.

Läuft dieser Patentschutz jedoch ab, ist der Weg frei für Nachahmerprodukte – die nun günstiger angeboten werden können. Hohe Preise sind in manchen Ländern eine Zugangsbarriere. So hatte eine Studie** große Unterschiede im Therapiezugang für Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) in Europa belegt. In zehn von 46 Ländern wurden Biologikatherapien nicht erstattet, dort bekommen weniger Patienten diese innovativen Medikamente. In Deutschland ist die Erstattung eines Medikamentes durch die Krankenkassen mit der Zulassung geregelt.

Trotzdem müssen auch die Ärzte in Deutschland ihr Medikamentenbudget im Blick behalten. Die Verfügbarkeit kostengünstigerer Biosimilars sorgt daher auch bei uns dafür, dass insgesamt mehr Patienten Zugang bekommen – und auch früher mit solchen wirksamen Therapien versorgt werden. Walter Röhrer gibt ein Beispiel: „Nehmen wir das Molekül Etanercept und sein Biosimilar: Hier wurden durch die Verordnung des Biosimilars bundesweit allein in den ersten sechs Monaten 2018
27 Millionen Euro eingespart. Da beide Produkte in etwa gleich oft verordnet wurden, ließe sich diese Summe also nochmals einsparen, wenn man zu 100 Prozent auf Biosimilars gehen würde. Ich denke, das macht schon ein gewaltiges Potenzial deutlich.“

Sparen ist immer gut. Aber wer weiterdenkt, erkennt schnell den größten Vorteil dieser Entwicklung: Durch die Kosteneinsparungen schaffen Biosimilars finanziellen Spielraum für weitere innovative Medikamente, von deren Einsatz wiederum Patienten mit schweren Erkrankungen profitieren. Eine steigende Zahl an Biosimilars erhöht also die Auswahlmöglichkeiten der Ärzte; eine steigende Zahl an Biosimilar-Verschreibungen senkt insgesamt die Ausgaben und erhöht so die Chancen vieler Patienten wie Sabine K., von einer wirksamen Therapie zu profitieren.

Eine klassische Win-win-Situation. Aber warum sollte dann kein automatischer Austausch in der Apotheke eingeführt werden wie bei den Generika? Walter Röhrer glaubt nicht, „dass solche Vorgaben der richtige Weg sind. Die Entscheidung darüber, welches dieser hochpotenten Medikamente ein Patient bekommt, sollte unbedingt beim behandelnden Arzt – natürlich in enger Abstimmung mit dem Patienten – verbleiben. Er muss stets genau wissen, mit welchen Präparaten sein Patient behandelt wird.“

* Name von der Redaktion geändert
** Putrik P, Ramiro S, Kvien TK et al. Inequities in access to biologic and synthetic DMARDs across 46 European countries. Ann Rheum Dis (2014) 73:198–206.

BIO-GER-0088 10/2018

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