Apps ersetzen keinen Arztbesuch. Doch Fachleute sind sich einig, dass die digitalen Helfer gerade im Krankheitsbild Schlaganfall etwas bewirken können.
Mehr als 140.000 Apps in den Bereichen Medizin, Gesundheit und Fitness sind derzeit auf dem Markt. Bis heute wurden sie 700 Millionen Mal heruntergeladen. Die weitaus meisten Downloads finden im Fitnessbereich statt, doch gut ein Drittel der Apps richtet sich an chronisch Kranke. Diabetesanwendungen liegen dabei ganz vorne, gefolgt von Apps für die Psyche und den Bluthochdruck.
Lebensstilumstellung fällt schwer
Der Schlaganfall scheint prädestiniert für den Einsatz digitaler Helfer. 270.000 Schlaganfälle ereignen sich jährlich in Deutschland, rund 70.000 davon sind wiederholte Schlaganfälle. Mindestens 70 Prozent aller Schlaganfälle gelten als vermeidbar. Entscheidend sind die Kontrolle der Risikofaktoren und ein gesunder Lebenswandel: ausreichend Bewegung, gesunde Ernährung und der Verzicht auf das Rauchen. Für viele Betroffene bedeutet das, sie müssen ihr Leben radikal verändern und ein neues Belohnungssystem entwickeln. Doch nach Entlassung aus der Klinik sind sie auf sich allein gestellt. Hausärzte können ein Rezept ausstellen, sie können Ratschläge erteilen, bei der Umsetzung begleiten können sie ihre Patienten nicht.
Neuland auch für Ärzte
Gerade in der Prävention und der Begleitung chronisch Kranker könnten Apps die Rolle eines hilfreichen Begleiters übernehmen. Durch das Digitale-Versorgung-Gesetz sind seit Ende 2020 erste digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) in Deutschland verschreibungsfähig. Wie bei einem Medikament oder der Physiotherapie übernimmt die Krankenkasse die Kosten, sofern die Anwendung ärztlich verordnet wurde. Eine Herausforderung für viele Ärztinnen und Ärzte, die damit Neuland betreten. Die Bundesärztekammer unterstützt sie mit einer Handreichung für Ärztinnen und Ärzte zum Thema „Gesundheits-Apps im klinischen Alltag“.
Erst wenige Apps verschreibungsfähig
Verschreibungsfähige Apps benötigen eine Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Das Zulassungsverfahren ist aufwendig, die Liste der zugelassenen Anwendungen daher noch kurz. Mitte November waren es gerade einmal 24. Speziell an Schlaganfallbetroffene richtet sich die App „Rehappy“. Sie soll Patienten durch individuelle Rückmeldungen motivieren, gesteckte Ziele zu erreichen, unter anderem durch einen Aktivitätstracker. Darüber hinaus dient mehr als die Hälfte der Apps im DiGA-Verzeichnis der Anwendung bei möglichen Schlaganfallfolgen oder der Behandlung von Schlaganfall-Risikofaktoren: Diabetes (1), Rauchen (1), Adipositas (2), Migräne (1), Depressionen (3) und Angst-/ Panikstörungen (5).
Tipps für App-Auswahl
Über die verschreibungsfähigen Anwendungen hinaus kann jede und jeder bei der eigenen Krankenkasse anfragen, ob sie Kosten für bestimmte Apps übernimmt, zum Beispiel für das Sprachtraining von Aphasiebetroffenen. Einige App-Anbieter haben dazu Vereinbarungen mit einzelnen Krankenkassen abgeschlossen. Wer sich in der weiten Welt der Gesundheits-Apps bedient, tut gut daran, ein paar Hinweise zu beachten. Insbesondere kostenlose Apps verleiten zu spontanen Downloads. „Dafür muss ich wissen, dass ich vielfach mit Werbung oder mit meinen Daten bezahle“, warnt Sabine Wolter, Referentin für Gesundheitsrecht bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Für umsonst gibt es selten etwas.“ Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe hat einen Infoflyer herausgebracht, der Patientinnen und Patienten hilfreiche Tipps bei der Auswahl von Gesundheits-Apps gibt.
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