Hallo, ich heiße Lucas
bin 31 Jahre alt und Vater von zwei Töchtern.
In diesem Beitrag möchte ich meine Geschichte erzählen und dabei auf dreizehn Jahre aktive Sucht sowie bald fünf Jahre Genesung zurückblicken.
Alles hat angefangen, als ich 14 Jahre alt war und mir auf dem Schulhof erzählt wurde, von Cannabis könne man nicht süchtig werden. Ich wusste durch meine Eltern: Abhängig von Drogen zu werden, das ist das Schlimmste, was einem passieren kann und war deswegen sehr skeptisch. Aber nachdem meine Freunde mich ausgelacht haben und meinten, dass Cannabis keine Droge sei, habe ich es ausprobiert. Was angefangen hat mit spaßigen Aktivitäten im Freundeskreis, ist schnell zu einem täglichen Ritual geworden. Ich konnte die Sorgen, die ich durch eine strenge Erziehung, Mobbing wegen meines Übergewichts und der ständigen Überforderung in der Schule hatte, endlich effektiv verdrängen. Ich habe Cannabis nicht eingesetzt, um gelegentlich eine rauschhafte Zeit mit meinen Freunden zu verbringen, sondern um das Leben besser zu ertragen. Wie ich heute weiß, ist das der sicherste Weg, um suchtkrank zu werden. Durch verschiedene Auslöser kam später noch Glücksspiel und Kokain hinzu. Ich kann zusammenfassend sagen: Die Jahre zwischen meinem 14. und dem 27. Lebensjahr waren ausschließend von der Sucht geprägt und hatten einen Tiefpunkt nach dem anderen zur Folge.
Das Ganze ging so weit, dass ich mit 27 Jahren ohne Ausbildung, ohne einen Menschen an meiner Seite und mit 40.000€ Schulden, vor dem Nichts stand. Ich hatte jeden betrogen, der zu mir gestanden hat und war obdachlos.
Bis zu diesem Zeitpunkt konnte ich die Drogen und das Glücksspiel immer irgendwie in mein Leben integrieren und damit war es nun vorbei. Es gab kein „weiter so“, kein „durchwurschteln“ mehr. Ich stand vor der Entscheidung mein Leben zu beenden, oder es um 180 Grad zu wenden. Diese Endgültigkeit war es, die meine Genesung ermöglicht hat.
Ich habe eine stationäre Therapie gemacht und im Anschluss eine ambulante. Zeitgleich habe ich die Selbsthilfegruppe von NA besucht und alles in meiner Macht stehende getan, um einen Ausweg zu finden.
Noch während der Therapie habe ich damit begonnen, täglich zu meditieren und Kraftsport zu treiben. Ich habe die Scherben aus meiner Vergangenheit aufgeräumt und mir nach und nach die Möglichkeit zurückerkämpft, wieder ein normales Leben zu führen. Meditation und Kraftsport, das sind bis heute meine wichtigsten Werkzeuge, um den Alltagsstress ohne Suchtmittel zu bewältigen.
Im Jahr 2020 habe ich angefangen meine Geschichte über Instagram zu teilen und schnell gemerkt, welche große Resonanz das Thema erzeugt. Das Stigma der Sucht ist das wohl größte Problem dieser Erkrankung, weil es dafür sorgt, dass viele Betroffene sich schämen und keine Hilfe zulassen.
Heute setze ich mich dafür ein, diese Stigmatisierung zu bekämpfen und anhand meiner Geschichte zu zeigen, dass auch nach einer langen Suchtgeschichte ein cleanes Leben möglich ist. Ich habe den Betroffenenratgeber „Ausweg aus der Sucht“ geschrieben und kürzlich auch einen Ratgeber für Angehörige veröffentlicht. Außerdem bin ich Initiator eines Netzwerkes aus Betroffenen, Angehörigen und Suchttherapeutinnen, mit welchem wir aktuell den Verein OhneSucht e.V. gründen.
Ausweg aus der Sucht – Für Angehörige
Dieser Ratgeber ist für Angehörige von suchtkranken Menschen geschrieben. Egal ob es sich um den Ehepartner, die Eltern, Geschwister oder um das eigene Kind handelt: Wenn ein geliebter Mensch suchtkrank ist, ist das eine Qual für die ganze Familie. Es scheint, als wäre man machtlos und jedes Gespräch endet in gegenseitigen Vorwürfen und Unverständnis. In diesem Ratgeber stelle ich die Möglichkeiten vor, die einem Angehörigen noch bleiben und die aus meiner Sicht am meisten Erfolg versprechen. Außerdem kläre ich über gängige Missverständnisse auf, die ich durch meine Arbeit immer wieder erlebe.
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