Dr. Johannes Wimmer ist ein bekannter Mediziner mit eigenem Youtube-Kanal und Fernseharzt,
dem Zuschauer vertrauen. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Kommunikation zwischen Ärzt*innen und Patient*innen zu verbessern.
Sie haben sich das Thema der bestmöglichen Arzt-Patienten-Kommunikation zur Aufgabe gemacht. Warum ist Ihnen dies im Vergleich zu manch anderen Kollegen so wichtig?
Wir wissen, dass die Arzt-Patienten-Kommunikation wichtig ist für den Behandlungserfolg und die Therapieadhärenz, also ob ein Patient beispielsweise seine Medikamente nimmt oder nicht. Auch Studien belegen diesen Effekt. Ich glaube, die Bedeutung der Arzt-Patienten-Kommunikation ist mittlerweile bei vielen Ärzten angekommen, auch wenn es schon komisch klingt, dass Ärzte hier noch Nachhilfe brauchen. Selbst Akteure wie die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Ärztekammern haben die Relevanz erkannt und Leitfäden und Informationen zusammengestellt. Was mich von vielen Kolleginnen und Kollegen unterscheidet, ist, dass ich die Digitalisierung für einen riesigen Zugewinn bei der Arzt-Patienten-Kommunikation halte. Leider löst das Wort Digitalisierung bei vielen Medizinern immer noch Spasmen aus.
Freuen Sie sich, wenn ein via Google informierter Patient zu Ihnen kommt, oder ist die Flut an Information ein Gräuel? Was halten Sie hier noch für gesund?
Ja! Das ist doch als ein riesiger Gewinn zu sehen, der Patient interessiert sich für seine Gesundheit und schaut auch selbst, was er tun kann. Da ist ein Mensch, der Eigeninitiative zeigt, das müssen Ärzte doch unterstützen. Die Patienten können ja nun mal rein gar nichts dafür, dass im Internet so viel Schrott zu finden ist. Aber der Arzt, der den Patienten abstraft, weil er sich für seine eigene Gesundheit engagiert, ist offenbar nicht über die Denke des Halbgottes in Weiß aus der Schwarzwaldklinik hinweggekommen.
Wo und vor allem wie sollte sich ein mündiger Patient denn Ihrer Meinung nach über seine Krankheit informieren?
Ein großes Problem sind die vielen unseriösen Informationsangebote im Internet. Davon sollte man sich nicht beeinflussen lassen, auch wenn die dort angebotenen Infos, Lösungen und Therapien oft verführerisch klingen.
Seriöse Quellen sind professionelle Fachmedien, Seiten von Patientenverbänden, aber auch geförderte Angebote, wie zum Beispiel der www.krebsinformationsdienst.de oder www.Patienten-Information.de. Foren sollte man grundsätzlich mit Vorsicht genießen, dort erstellen Laien oft echte Horror-Diagnosen. Pharma-Seiten,
z. B. von Medikamenten, sollte man sehr bewusst konsumieren, und nicht vergessen, dass hier auch kommerzielle Interessen eine Rolle spielen.
Welches Ziel verfolgen Sie selbst mit Ihrer Arbeit und Ihrer Onlineplattform doktorwimmer.de?
Auf meiner Website schaffe ich seriöse Inhalte, die leicht verständlich sind, aber trotzdem fundiert und vertrauenswürdig. Ich erkläre die Themen ganz bewusst mit einfachen Worten und anschaulichen Beispielen, so, als würde ich tatsächlich mit meinem Gegenüber sprechen. Auf Augenhöhe, empathisch und manchmal auch mit einer Prise Humor. Medizin ist spannend und der menschliche Körper faszinierend – genau das möchte ich mit den Menschen teilen. Auf meiner Website, auf Instagram, Facebook und neuerdings auch auf der Plattform TikTok, wo ich auch junge Menschen erreichen kann.
Ich als Otto Normalpatient freue mich sehr darüber, dass wir beim Thema Digitalisierung endlich aus den Puschen kommen. Worauf freuen Sie sich als Mediziner dabei besonders?
Wir machen momentan größere Schritte als jemals zuvor, das ist hervorragend. Aber man sollte dann auch wirklich innovativ sein und nicht eine Online-Terminvergabe, die es für Tischreservierungen so schon seit über zehn Jahren gibt, als „hottest shit on the market“ abfeiern. Mit anderen Worten, alles, was es jetzt gibt, einfach irgendwie per Internet anzubieten, löst nicht die Probleme. Wir brauchen smarte Lösungen, die medizinisches Personal und Patienten besser zusammenbringen, statt nach dem Motto „Stellen Sie sich in drei Wochen wieder vor“, das kann drei Wochen zu spät oder komplett unnötig sein. Wenn ich als Patient aber Lösungen habe, die mich und meine Ärzte in dem Moment, wo ich sie wirklich brauche, ohne unnötig verstopfte Wartezimmer zusammenbringen, dann sind wir in der modernen Medizin angekommen.
Werden verschreibbare Apps oder die elektronische Patientenakte zum Beispiel etwas beim Thema Therapietreue ändern?
Es gibt Schätzungen der WHO, dass rund die Hälfte aller Medikamente, die chronisch Kranken verschrieben werden, nie eingenommen werden. Das kann ich absolut nachvollziehen, denn Sie entscheiden ja jeden Morgen am Frühstückstisch, ob Sie das Medikament nun nehmen oder nicht. Und da gibt es viele Dinge, die einen nun einmal davon abhalten, die Tablette einzunehmen. Es kann also fast nur besser werden. Tatsächlich zeigen mittlerweile viele Studien, dass digitale Tools die Adhärenz verbessern können.
Können Sie verstehen, warum manche Kollegen vor den Veränderungen „Angst“ haben?
Ja, klar. Vor lauter Arbeit, Dokumentationsirrsinn und Bürokratie kann ich im Alltag solche Zukunftsgedanken gar nicht fassen. Ich traue mich ja gar nicht, daran zu denken, wie es wäre, wenn ich morgens in die Klinik komme, nicht zehn Papierakten auf mich warten würden und ich nicht mit der Erkenntnis in den Tag starten müsste, dass ich das heute doch eh alles nicht schaffen werde.
Ein Bild der Idealvorstellung in naher Zukunft, sagen wir 2025: Was sollte sich und kann sich bis dahin im Bereich der medizinischen Versorgung ändern?
Ich hoffe, dass sich die Kommunikation verbessert. Hier liegt der größte Mehrwert in einer zielgerichteten und weniger verschwenderischen Medizin. Sowohl intern als auch extern. Mit intern meine ich die Datenbanken. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie häufig ich einen Patienten zum Beispiel nach einer bestehenden Impfung gefragt habe und ein Schulterzucken als Antwort bekam. Ich hoffe, dass wir im Jahre 2025 nicht immer noch verzweifelt nach unseren Impfpässen suchen müssen, sondern eine zentrale und gut funktionierende Datenbank für die medizinische Vorgeschichte unserer Patienten haben. Bei der externen Kommunikation hoffe ich darauf, dass wir Mediziner eine noch klarere und verständlichere Art finden, mit unseren Patienten zu sprechen, und dann für sie da sein können, wenn sie uns wirklich brauchen. Die Kommunikation muss den Patienten einbeziehen. Aufklärung und Motivation sind grundlegender Teil einer jeden Behandlung.
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