Menschen in Städten sind deutlich häufiger sensibilisiert gegen Pollen von Bäumen (Hasel, Erle, Birke, Esche) und Gräsern, aber auch gegen Tierhaare und Hausstaubmilben. In Kleinstädten beziehungsweise auf Dörfern findet sich bei allen genannten Allergenen eine geringere Häufigkeit, auch von Allergien selbst
Prof. Dr. med. Karl-Christian Bergmann
Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst
Von einer Allergie spricht man, wenn nicht nur Antikörper im Blut oder in der Haut (nachweisbar durch einen Allergietest) vorliegen, sondern auch Symptome auftreten, wenn man mit dem Allergen in Kontakt kommt. Interessant ist, dass Sensibilisierungen und Allergien häufiger bei Personen auftreten, die einen höheren sozioökonomischen Status haben. Es ist unklar, woher diese Differenz kommt; sie ist möglicherweise bedingt durch ein höheres Hygienemaß beziehungsweise geringeren Kontakt mit Bakterien, insbesondere in der Kindheit.
In der Stadt ist auch die Kombination eingeatmeter Allergene in Verbindung mit einer schlechteren Luftqualität von Bedeutung. Wenn in einer Stadt bei einer bestimmten Anzahl von Birkenpollen, zum Beispiel 100 Pollen/m³ Luft, gleichzeitig ein höherer Feinstaubgehalt vorliegt, so sind die empfundenen Beschwerden größer als an einem anderen Tag mit der gleichen Pollenmenge, aber geringerer Luftverschmutzung. Das bedeutet, dass Apotheken in den Großstädten von Allergikern häufiger dann besucht werden, wenn neben den Pollen in der Luft gleichzeitig mehr Feinstaub vorliegt.
In Verbindung mit der Luftqualität wird oft gefragt, ob die Anzahl an Allergikern in den Großstädten durch die häufiger schlechte Luftqualität verursacht wird. Hierzu gibt es keine eindeutigen Daten. Sicher ist zunächst, dass die auftretenden Beschwerden bei Personen, die bereits eine chronische Atemwegserkrankung in Form von Asthma, COPD oder eine allergische Rhinitis haben, bei einer schlechteren Luftqualität höher sind als an Tagen mit besserer Luft. Ob aber eine schlechtere Luftqualität auch zur Entwicklung neuer Allergien führt, ist bisher nicht sicher belegt. Insgesamt ist feststellbar, dass sich in Deutschland die Häufigkeit von Heuschnupfen auf einem hohen Plateau befindet beziehungsweise nicht mehr signifikant ansteigt, wie es in früheren Jahrzehnten der Fall war.
Die Stadt ist mit ihrem besonderen Milieu, zum Beispiel dem Auftreten von Hitzeinseln, auch geeignet, neuen pollenproduzierenden Pflanzen einen geeigneten Lebensraum zu geben. Dazu gehört auch der neu im Blick der Allergologen befindliche Götterbaum, der allergieauslösende Pollen freisetzt. Der Götterbaum stammt aus Asien und wurde aus Freude an neuen Gewächsen auch in Deutschland gepflanzt, wo er sich gegenwärtig besonders in Städten ausbreitet. Die EU hat den Baum auf die Liste derjenigen Pflanzen gesetzt, die nicht gehandelt und nicht im öffentlichen Raum gepflanzt werden dürfen. Unsere eigene Arbeitsgruppe hat den Nachweis von Götterbaumpollen in Berlin und auch die klinische Bedeutung der Pollen bereits dokumentiert.
Ein anderes Beispiel für ein städtespezifisches Allergieproblem ist die frühe Freisetzung von Pollen der Purpurerle. Sie ist eine Kreuzung aus einer sibirischen und der europäischen Erle und besonders kälteresistent. Nicht bedacht dabei wurde, dass diese Erlenart sehr früh ihre Pollen abgibt, teilweise schon im Dezember. Dadurch kann es schon zum Heuschnupfen vor Weihnachten kommen, was sich niemand wirklich wünscht.
Bei der Bepflanzung von Städten, die allseits gewünscht wird, sollte man also bei der Auswahl der Bäume eine allergikerfreundliche Bepflanzung beachten.
Eine ganz besondere „Art“ von Bäumen in Städten ist der von einem Berliner Unternehmen entwickelte City Tree. Dabei handelt es sich nicht um einen Baum, sondern um ein mit Moos bepflanztes Gestell, das in der Lage ist, die Luftqualität der Umgebung bedeutend zu verbessern. Ein Baum also, der keine Allergien auslöst, sondern für alle gesundheitsfördernd ist.
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Ausführliche Informationen zu Pollen und Allergien werden auf der Website der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst vermittelt. Von dort kann man auch eine ausgezeichnete wöchentliche Pollenflugvorhersage kostenlos per Mail erhalten, die mit ärztlichen Hinweisen verbunden wird.