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    Cholesterin verstehen

    FOTO: DR. MED. JOHANNES WIMMER, AEMPATHY GMBH

    Herr Dr. Wimmer, Herzinfarkt zählt zu den bedeutendsten Gesundheitsproblemen in den westlichen Industrienationen – wie hängen Herzkrankheiten und Cholesterinwerte zusammen?

    Hohe Cholesterinwerte zählen neben Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Übergewicht und einem ungesunden Lebensstil zu den größten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Risiko, mit der Zeit einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu bekommen, ist also stark erhöht. Und ist ja klar: Je mehr Faktoren auf einen selbst zutreffen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es irgendwann eng wird.

    Dr. Johannes Wimmer

    Mediziner mit ❤️ und bisschen 🧠

    Ist Cholesterin immer schlecht oder erfüllt es auch bestimmte Aufgaben im Körper?

    Es gab Zeiten, in denen Cholesterin einen extrem schlechten Ruf hatte. Heute wissen wir jedoch, dass Cholesterin als Blutfett ein lebenswichtiger Bestandteil unserer Zellen und Grundbaustein vieler Hormone ist. Kein Wunder also, dass unser schlauer Körper einen Großteil des Cholesterins gleich selbst produziert, damit auch immer genügend Blutfett vorhanden ist. Etwa drei Viertel stellt er selbst her, den Rest nehmen wir über unsere Mahlzeiten auf. Wichtig zu wissen ist aber, dass Cholesterin nicht gleich Cholesterin ist. Es lässt sich in mehrere Untergruppen aufteilen. Dazu gehören unter anderem das LDL- und das HDL-Cholesterin. Das LDL-Cholesterin, das auch oft als schlechtes Cholesterin bezeichnet wird, hat den Job, das Cholesterin von der Leber über die Blutgefäße zu den Organen zu transportieren. Dort wird es für viele wichtige Aufgaben genutzt, was also erstmal nichts Schlechtes ist. Das HDL, das als das gute Cholesterin gilt, dient dem Rücktransport von überschüssigem Cholesterin aus den Organen und Gefäßwänden zur Leber, wo es dann abgebaut und mit der Gallenflüssigkeit ausgeschieden wird. Ist das Verhältnis zwischen LDL und HDL in Balance, dann läuft das alles wie geschmiert und es gibt keinen Grund zur Sorge. Ungemütlich wird es erst, wenn zu viel LDL im Körper ist.

    Welche Rolle spielt das LDL-Cholesterin für das Arteriosklerose- und Herzinfarkt-Risiko?

    Ist zu viel LDL-Cholesterin vorhanden, gelangt es quasi aus dem Blut in die Gefäßwand. Dadurch kann es zu einer Arteriosklerose kommen, auch bekannt als Gefäßverkalkung. Das kann man sich vorstellen, wie bei einem Gartenschlauch, der mit der Zeit verstopft, so dass irgendwann immer weniger Wasser durchgeht. Im Körper nennt man diese Ablagerungen, die sich an den Gefäßwänden bilden, Plaques.

    Und auch hier gilt: Je enger das Gefäß, desto höher das Risiko, dass sich die Gefäße im Herzen und Gehirn irgendwann verschließen.

    Kann das LDL-Cholesterin auch bei Kindern und Jugendlichen Schäden anrichten?

    Ja, sie sind dann in der Regel genetisch bedingt. Das nennt sich dann familiäre Hypercholesterinämie, die vererbt wird, also angeboren ist. Auch in diesem Alter können schon Gefäßveränderungen entstehen. Darum ist es hier ganz besonders wichtig, die Sache gut im Blick zu behalten und die Werte regelmäßig checken zulassen. Aber auch ohne genetisch bedingt erhöhte Werte steigt das Langzeitrisiko bei einem erhöhten Cholesterinspiegel im Körper in jungen Jahren, also das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden. Und kommen dann im Laufe des Lebens auch noch besagte Faktoren wie Diabetes oder Rauchen hinzu, steigt das Risiko noch mehr.

    Wer ist außerdem von einem erhöhten Risiko betroffen? Welche Faktoren spielen eine Rolle?

    Jeder Mensch sollte seine Werte im Blick behalten, denn Arteriosklerose bemerkt man selbst erst, wenn die Sache ernst wird oder zu spät ist, deswegen nennt man diese Art der Veränderung auch gerne stiller Killer. Einige Gruppen gelten aber als besonders gefährdet: Raucherinnen und Raucher, Menschen, die an Diabetes, einer Unterfunktion der Schilddrüse oder einer Herz-Kreislauf-Erkrankung wie der Koronaren Herzkrankheit leiden, aber auch Personen mit einem sehr ungesunden und fettlastigen Essverhalten.

    Können die LDL-Werte auch zu niedrig sein?

    Der aktuelle Grundsatz lautet: Lower is better.

    Also: Niedriger ist besser. Wie niedrig die Werte bestenfalls sein sollten, hängt vom persönlichen Risiko ab. Je höher das Risiko, desto niedriger sollten die Werte sein. Wie die Werte aussehen sollten, erfahren Sie im Gespräch mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.

    Wenn man die Veranlagung hat, viel LDL-Cholesterin zu bilden oder zu speichern – kann man dem durch seinen Lebensstil entgegenwirken?

    Das geht grundsätzlich schon. Oft reicht es schon, an ein paar Stellschrauben zu drehen. Gerade über die Säulen Ernährung und Bewegung kann man viel erreichen, und natürlich kann man sich auch das Rauchen abgewöhnen. Aber ich kann an dieser Stelle nur betonen: Sprechen Sie erstmal mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt und lassen sie die Werte checken, damit rechtzeitig bemerkt wird, wenn die Werte trotz gesunder Lebensweise zu hoch sind. Und diagnostizieren oder behandeln Sie sich nicht selbst auf eigene Faust, sondern lassen Sie Ihre Werte checken und sich dann in Ruhe beraten. Dann wissen Sie genau, wo Sie stehen und was zu tun ist. Ich sage immer, das ist wie abends beim Auto fahren. Da schalten Sie ja auch die Scheinwerfer ein und fahren nicht einfach auf gut Glück ohne Licht los.

    Die meisten kennen ihre Blutdruckwerte, auch der Blutzucker wird im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen gecheckt. Gilt das auch für das Cholesterin?

    Ehrlich gesagt kennen nur wenige Menschen all diese Werte. Die meisten Leute gehen nämlich nur äußerst ungern zu Vorsorgeuntersuchungen. Und zum Arzt geht’s erst, wenn’s weh tut. Und da kommen wir auch schon zum Problem mit dem Cholesterin – das tut nämlich nicht weh. Wir können über Jahre hohe Cholesterinwerte haben, ohne es zu merken. Ohne, dass es uns schlecht geht. Wenn Sie mich also fragen, ob in der Hausarztpraxis regelmäßig Blutdruck, Blutzucker UND Cholesterin gecheckt werden sollte, auch bei jüngeren Patienten, dann würde ich sagen: Unbedingt! Warum warten, bis die Arteriosklerose richtig schlimm ist, statt so früh wie möglich darüber zu sprechen, wie man erhöhte Werte in den Griff bekommen kann?

    (Wie) kann man sein individuelles Cholesterin-Risiko und/oder seinen LDL-Wert bestimmen lassen?

    Ihr Arzt oder Ihre Ärztin entnimmt Blutproben, auf nüchternen Magen. Fallen im Labor bestimmte Werte zu hoch aus, wird in der Regel eine zweite Probe veranlasst. Im Gespräch mit dem Arzt wird dann das persönliche Risiko ermittelt und das weitere Vorgehen zur Senkung der Werte besprochen.

    Lassen sich LDL-C-Zielwerte durch eine Anpassung der Ernährung erreichen? Oder muss auch zu anderen Maßnahmen gegriffen werden? Welche sind das?

    Die erste Maßnahme sollte immer der Besuch in der Arztpraxis sein, damit man nicht einfach auf gut Glück loslegt

    Im Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin werden dann die Maßnahmen besprochen. Dazu gehören zum Beispiel mehr Bewegung, nicht zu rauchen und weniger Alkohol. Aber – vor allem – die Umstellung der Ernährung und wenn nötig, ein paar Kilo weniger auf der Waage. Bringen diese Maßnahmen keine Veränderung, und ist die Lage ernst, wird der Arzt auch über eine medikamentöse Behandlung sprechen. Eine Veränderung des Lebensstils ist aber natürlich immer die erste Wahl und bringt in der Regel auch gute Erfolge – für die Cholesterinwerte, aber auch für das allgemeine Wohlbefinden. Wenn man gesund lebt, fühlt man sich eben auch besser.

    Wie sieht denn die ideale Ernährung zur Senkung der Werte aus?

    Im Prinzip sind es die Basics einer gesunden Ernährung: Viel Gemüse und Hülsenfrüchte essen, dazu zwei Portionen Obst am Tag, Vollkorn- statt Weißmehl-Produkte und hochwertige Pflanzenöle verwenden, etwa Oliven-, Sonnenblumen- oder Leinöl. Auch Omega-3-Fettsäuren sind wichtig, weil unser Körper sie nicht selbst herstellen kann. Sie stecken in Fisch bzw. in Fischöl, aber z. B. auch in Leinsamen. Deutlich reduzieren sollte man tierische Fette, also Fleisch, Wurst, Butter, Käse, Sahne. Und die fiesen Drei sollte man auch aus der Küche verbannen: Fast Food, Fertiggerichte und Zucker-Bomben.

    Man muss sich im Leben nicht alles verbieten, auch nicht die Pommes oder die Sahne-Soße ab und zu als Genuss

    Haben Sie noch (einen) Tipp(s) zur Vorsorge?

    Ich lebe selbst nach dem Motto: Man muss sich im Leben nicht alles verbieten, auch nicht die Pommes oder die Sahne-Soße ab und zu als Genuss. Sofern es Ausnahmen bleiben, und man sich im Alltag gesund ernährt, aktiv und in Bewegung bleibt und auf sich achtet, ist das alles gar kein Thema. Dann kann man sich auch Ungesundes ab und zu genehmigen. Aber: Egal wie gesund Sie unterwegs sind – die Vorsorge sollte niemals auf der Strecke bleiben, ob es nun um Cholesterin- oder Krebs-früherkennung geht. Es ist immer besser, hinzuschauen und früh zu handeln, als mit verbundenen Augen durchs Leben zu gehen.

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