Als Gegenspieler des Stresshormons Cortisol, das tags wach hält, ist das Hormon Melatonin wichtig für gesunden Schlaf in der Nacht. Wie der Taktgeber den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert und was man tun kann, wenn dieser aus dem Takt gerät, lesen Sie hier.
Was ist Melatonin und welche Aufgabe hat es im Körper?
Melatonin ist ein Hormon, das den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert: Sobald es dunkel wird, fährt der Körper die Produktion des auch Neurohormon und Schlafhormon genannten Melatonins hoch, sodass seine Konzentration ansteigt – bei jungen Menschen ist der Melatoninspiegel nachts bis zu zwölfmal, bei älteren bis zu dreimal höher als am Tag. Den Anstieg des Melatonins versteht der Körper als Signal, seinen Energieverbrauch zu drosseln – Stoffwechselaktivitäten, Körpertemperatur und Blutdruck sinken. Müdigkeit stellt sich ein.
Mit zunehmendem Alter produziert der Körper immer weniger Melatonin. Das ist ganz natürlich. Ein Mangel an Melatonin kann verschiedene Beschwerden mit sich bringen, darunter Ein- und Durchschlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Migräne, Gedächtnisschwäche, Sodbrennen, Depressionen. Auch ein Zuviel an Melatonin ist problematisch. Zudem soll Melatonin ein Antioxidans1 sein – als Radikalfänger soll es sogar Vitamin E locker in die Tasche stecken können (doppelte Wirkung). Melatonin gilt daher auch als Anti-Aging-Mittel.2 Und es gibt Studien, die Melatonin im Rah- men von Komplementärmedizin eine Anti-Krebs-Wirkung zuschreiben.3,4
Wo bildet der Körper Melatonin?
Wichtige Produktionsstätte für Melatonin ist die Zirbeldrüse, die auf der Rückseite des Mittelhirns sitzt. In kleinen Mengen stellen auch der Darm und die Netzhaut des Auges Melatonin her. Ausgangsstoff für die Bildung von Melatonin ist der Nervenbotenstoff Serotonin, der auch als „Glückshormon“ bekannt ist.
Melatonin findet sich in allen Zellen des Körpers, in höchster Konzentration im Liquor (Körperflüssigkeit im zentralen Nervensystem: Gehirn und Rückenmark).
Was beeinflusst die Bildung und Wirkung von Melatonin?
- Diese Faktoren beeinflussen den Melatoninspiegel im Körper:
- Als Melatoninsenker sind beispielsweise Koffein, Alkohol und Nikotin bekannt – ebenso Sport am Abend oder übermäßiger Stress. Und wer zur Nacht entzündungshemmende, schmerzlindernde und fiebersenkende Medikamente einnimmt, die dank Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen wirken, senkt auch damit das Melatonin im Körper. Selten ist der Grund für einen Melatoninmangel fehlendes Serotonin.
- Lichtarme Zeiten, wie sie hierzulande im Herbst und Winter üblich sind, wirken als Melatoninerhöher: Sie lassen den Melatoninspiegel dauerhaft ansteigen und führen vermutlich zu den Stimmungstiefs, die als „Winterblues“ und „Winterdepression“ verbreitet sind.
- Einige Nahrungsmittel sind gute Melatoninlieferanten, zum Beispiel Getreide wie Hafer, Mais, Reis, Weizen, Gerste, Cranberrys, Kirschen, Erdbeeren, Tomaten, Bananen und viele Samen und Nüsse.
- Als Störer des Melatoninhaushaltes sind zwei besondere Lebensumstände zu nennen: Schichtarbeit und Reisen über mehrere Zeitzonen hinweg. Beides verschiebt den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus – bei Schichtarbeitern stellt sich das „Schichtarbeitersyndrom“ ein, bei Reisenden der „Jetlag“.
Wann ist es sinnvoll, Melatonin einzunehmen?
Schwächer dosiertes Melatonin wird als Einschlafhilfe und gegen Jetlag-Beschwerden in Form von Tees, Kapseln, Tabletten und Sprays frei verkauft. Bei Schlafstörungen verschreiben Ärzte in Deutschland, Österreich und der Schweiz gegebenenfalls höher dosiertes Melatonin. Grundsätzlich gilt, dass frei verkäufliche Einschlafhilfen mit Melatonin den Schlaf nicht herbeiführen, sondern lediglich das Einschlafen unterstützen können. Deshalb sollte man sie auch erst dann einnehmen, wenn der Körper von Natur aus ermüdet, denn schlägt das Melatonin nicht an und wirken auch andere gängige Einschlafhilfen nicht, sollte unbedingt ärztlicher Rat eingeholt werden. Verschreibungspflichtiges Melatonin gegen Schlafstörungen wirkt meist zeitversetzt (sogenannte Retardwirkung). Es ist streng nach Anweisung des Arztes einzunehmen. Wichtig zu wissen ist, dass das Medikament nicht dauerhaft angewendet werden darf.
1 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16217125
2 https://wehrmed.de/humanmedizin/update-melatonin-aspekte-der-chronobiologie-der-onkostatischen-antioxidativen-wirkung.html 3 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16207291
4 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26389506