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    Schlaflos in Deutschland: Was tun bei Schlafstörungen? 

    FOTO Phoenixns via shutterstock.com

    Schlafstörungen sind eine Volkskrankheit

    – sie beeinträchtigen den Alltag vieler Deutscher: Laut der DAK haben 80 Prozent der Arbeitnehmer hierzulande Schlafstörungen – bei fast jedem Zehnten wiegen diese schwer.1 Im Interview erklärt Prof. Dr. med. Ingo Fietze, Leiter des Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrums der Charité Berlin, was es mit der Insomnie auf sich hat und was man tun kann, um mit dieser Schlafstörung besser ein- und durchzuschlafen.

    Prof. Dr. med. Ingo Fietze

    Leiter des Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrums der Charité Berlin

    Prof. Dr. Fietze, schläft Deutschland schlecht?

    Wir beobachten eine starke Zunahme von Schlafstörungen bei Jung und Alt. Die Ursachen dafür sind vielfältig, die Folgen schwerwiegend – sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft als Ganzes: Eine Bevölkerung, die immer müder wird, schwächelt und kränkelt auf allen Ebenen.

    Aber Schlafstörung ist nicht gleich Schlafstörung?

    Wir unterscheiden sechs Schlafstörungen: Insomnie (Ein- und Durchschlafprobleme, frühes Erwachen), Atmungsstörungen (Schnarchen, Schlafapnoe), Bewegungsstörungen („unruhige Beine“), zirkadiane Schlafstörungen (Jetlag, Schichtarbeit), Parasomnie (Albträume, „Nachtschreck“, „Schlafwandeln“) und Hypersomnie (starke Müdigkeit tagsüber trotz viel Nachtschlaf). Die Insomnie zählt zu den häufigsten Schlafstörungen weltweit, laut der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM)2 leiden fünf bis zehn Prozent der Deutschen über einen längeren Zeitraum daran.

    Wie zeigt sich eine Insomnie?

    Betroffene haben Probleme mit dem Ein- und Durchschlafen und wachen zu früh auf. Wir sprechen von einer Insomnie, wenn der Mensch in der Woche mindestens drei Mal länger als eine halbe Stunde zum Einschlafen und/oder Wiedereinschlafen (Durchschlafen) braucht und/oder weniger als sechs Stunden schläft, also regelmäßig (zu) früh am Morgen erwacht. Chronisch wird die Insomnie, wenn sie länger als drei Monate andauert.

    Lässt sich der Schlaf nachholen?

    Schlaf, der einem unter der Woche mal fehlt, lässt sich bestenfalls am Wochenende nachholen. Doch auf Dauer funktioniert das Nachschlafen nicht.

    Fünf bis zehn Prozent der deutschen Bevölkerung leiden über einen längeren Zeitraum an Insomnie.

    Was kann man gegen Schlafstörungen tun?

    Erstens sollte man sich gut informieren und herausfinden, was einem den Schlaf raubt. Als Autor sage ich, man kann ein Buch lesen und sich informieren. Es gibt aber auch Patienteninformationen zu Schlafstörungen im Internet, zum Beispiel von der DGSM oder der Deutschen Stiftung Schlaf3. Dort finden sich auch Tipps dazu, was man tun und lassen sollte, um besser zu schlafen – angefangen bei der Ernährung über Bewegung, Stressmanagement, Medienkonsum bis hin zur richtigen Schlafumgebung. Die sogenannte kognitive Verhaltenstherapie (auch mittels Apps) vermittelt zusätzlich Entspannungstechniken, berät über eine Schlafrestriktion und deckt Fehlverhalten gegenüber dem Schlafengehen auf. Bringen all diese Tipps keinen besseren Schlaf, lohnt sich zweitens ein Blick auf die psychische Verfassung: Ein Gespräch mit einem Experten (Psychologe, Psychotherapeut, Heilpraktiker und andere) bringt mitunter mögliche psychische Ursachen und dementsprechende Behandlungsideen für die Schlafstörungen zutage, beispielsweise Sorgen, Ängste oder Erkrankungen wie Depressionen. Drittens ist der Gang in die Apotheke ratsam: Dort gibt es zum Beispiel Tees, Tropfen, Tabletten oder Kapseln mit beispielsweise Baldrian, Hopfen und Melisse – Heilpflanzen, die in der Naturheilkunde als bewährte Einschlafhilfen gelten.

    Und wenn das alles nichts hilft?

    Dann ist es Zeit, einen Experten für Insomnie aufzusuchen – allerdings gibt es davon nicht viele. Zu uns in die Charité kommen die Patienten von überallher, wir haben hier leider einen echten Versorgungsmangel in Deutschland. Für rasche Abhilfe ist es für die Betroffenen aber wichtig, dass sie einen Schlafmediziner finden, der sich mit Insomnie auskennt. Die DGSM zum Beispiel listet auf ihrer Seite entsprechende Adressen auf.

    Wie behandelt die Schlafmedizin Schlafstörungen wie die Insomnie?

    Eine schwere Insomnie bedeutet, dass der Körper dauerhaft entweder zu wenig Schlafstoff oder zu viel Wachstoff bereitstellt.

    Diese Fehlfunktionen lassen sich medikamentös beheben – mit einem passenden Schlafmittel. Hier verschreibt man zunächst ein schwaches Präparat und steigert die Medikation gegebenenfalls mit einem stärkeren Mittel. Betroffene sollten neben einem kompetenten Schlafmediziner unbedingt auch Geduld mitbringen, um das zu ihnen und ihrem Alltag passende Schlafmittel zu finden.

    Muss man die Schlaftabletten dann ein Leben lang schlucken?

    Bei einer schweren chronischen Insomnie kommt man da nicht drum herum, denn die beschriebenen Fehlfunktionen des Körpers bestehen dauerhaft.

    Was ist bei der Einnahme von Schlaftabletten zu beachten?

    Zunächst einmal sollte man das schlechte Image der Schlaftablette ignorieren: Bei einer körperlichen Fehlfunktion wie Bluthochdruck oder Diabetes schluckt man ja auch Medikamente! Und dann ist es wichtig, dass die Schlaftablette, insbesondere bei Einschlafstörungen, nur dann eingenommen wird, wenn die Müdigkeit aufkommt – das ist etwa alle anderthalb Stunden der Fall. Denn alle verfügbaren Tabletten erzwingen keinen Schlaf, sondern sie verstärken nur die natürliche Müdigkeit und fördern den Schlaf. Das bedeutet für Betroffene, dass sie ihren individuellen Wach-Schlaf-Rhythmus gut kennen müssen, damit das Mittel bestmöglich wirkt. Sollte die Wirkung eines einmal gefundenen Schlafmittels nachlassen, ist erneut der Spezialist aufzusuchen.

    Keine Eigenexperimente bitte!

    1 https://www.dak.de/dak/bundesthemen/muedes-deutschland-schlafstoerungen-steigen-deutlich-an-2108960.html#
    2 https://idw-online.de/de/news777301
    3 https://www.dgsm.de

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