Die modernen Therapien können eine langfristige Symptomfreiheit und stabile Lungenfunktion erreichen, und den Patienten ein normales und angstfreies Leben ermöglichen.
Prof. Dr. Marek Lommatzsch
Leitender Oberarzt und Stellvertretender Klinikdirektor der Abteilung für Pneumologie, Universitätsmedizin Rostock
Asthma gehört zu den großen Volkserkrankungen in Deutschland, etwa fünf Prozent der Bevölkerung sind betroffen. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Asthma-Therapie fundamental verändert. Noch im 20. Jahrhundert bestand die Asthma-Therapie aus Medikamenten, welche der (notfallmäßigen) Unterdrückung immer wiederkehrender Symptome dienten (wie inhalative Beta-Mimetika oder Prednisolon-Tabletten) und welche nebenwirkungsreich waren. Der „Vorteil“ der damaligen Behandlungen war, dass keine aufwändige individuelle Charakterisierung der Patienten notwendig war: es galt ein einheitliches Behandlungs-Schema für alle Patienten, die Empfehlungen waren auch im nicht-fachärztlichen Bereich einfach umsetzbar. Diese überholten Behandlungen sind daher im kollektiven Gedächtnis fest eingebrannt.
Noch heute (im Jahr 2023!) berichten einige Patienten: „Mein Arzt spritzt mir immer Kortison und verordnet Salbutamol-Sprays“ – ein Nachhall des 20. Jahrhunderts!
Mittlerweile hat sich das Therapie-Konzept von Asthma aber grundsätzlich geändert: von der ständigen Symptom-Bekämpfung mit kurzwirksamen, nebenwirkungsreichen Medikamenten („Feuerwehr“) hin zur dauerhaften Symptom-Prävention mit hochwirksamen, anti-entzündlichen und nebenwirkungsarmen Behandlungen („Brandvermeidung“). Diese modernen Therapien (wie moderne inhalative Steroide, Biologika oder Allergen-Immuntherapien) können eine langfristige Symptomfreiheit und stabile Lungenfunktion (eine sogenannte „Asthma-Remission“) erreichen, und den Patienten ein normales und angstfreies Leben ermöglichen. Voraussetzung ist aber eine genaue Charakterisierung der Patienten (eine präzise Diagnostik), da es hier keine „Einheitsmedizin“ mehr gibt, sondern individuell maßgeschneiderte Behandlungen. Die Übertragung des Wissens über die moderne Diagnostik und Therapie von Asthma in die alltägliche Medizin in Deutschland ist daher eine große Herausforderung!
Dieser Mammut-Aufgabe hat sich die neue Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Asthma, welche vor Kurzem unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) veröffentlicht wurde, gestellt. Sie richtet sich zwar vor allem an Fachärztinnen und Fachärzte, stellt aber auch allgemein einen wichtigen medizinischen Meilenstein dar:
- Erstmals weltweit wird das Erreichen einer Asthma-Remission als Therapie-Ziel genannt. Langfristige Symptomfreiheit mit geringsten Nebenwirkungen ist möglich!
- Es wird eine präzise individuelle Diagnostik ausführlich dargelegt und auch gefordert, da sie die Grundlage für eine gezielte symptompräventive Therapie von Asthma ist. Die Mühe lohnt sich!
- In den Behandlungsempfehlungen wird die frühzeitige Behandlung mit modernen antientzündlichen Therapien gefordert. Bei Patienten mit schwerem Asthma wird (statt nebenwirkungsreicher Kortison-Tabletten oder Kortison-Spritzen) eine Therapie mit Biologika gefordert, welche nebenwirkungsarm den Patienten ein normales Leben ermöglichen können.