Die sogenannten Früherkennungsvorsorgeuntersuchungen, auch U- Untersuchungen genannt, bieten jedem Kind die Chance, dass Auffälligkeiten in der Entwicklung frühzeitig erkannt und damit behandelt werden. Auch eine Untersuchung der Augen ist darin enthalten.
Dr. med. Jörg Mielke
Augenarzt
Die Früherkennungsvorsorgeuntersuchungen bieten die Chance, Auffälligkeiten frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Wann und Wer?
Die ersten Untersuchungen der Kinderaugen findet in Deutschland durch die Kinderärzt:in ab der U2 statt. Ziel und Umfang der kinderärztlich durchgeführten Untersuchung ist so festgelegt, dass schwerwiegende Veränderungen oder Krankheiten der Kinderaugen frühzeitig entdeckt werden.
Zu diesen Untersuchungen gehören der sogenannten Brückner Test (U2) und das „Augenscreening“ (U7a). Bei diesem Screening handelt es sich um eine schnelle, für das Kind unbelastende und vom Ergebnis recht zuverlässigen, optische Vermessung der Augen sowie eine grobe Inspektion des vorderen Augenabschnittes und die Prüfung auf mögliches Schielen.
Sobald eine Veränderung gemessen wird, erfolgt eine Überweisung des Kindes zur weiteren Untersuchung und Behandlung an die Augenärzt:in, am besten mit Orthoptist:innen. Das heißt eine Untersuchung bei einer Augenärzt:in ist aktuell vom Gesetzgeber so geregelt, dass diese nur dann erfolgen soll, wenn das Kind, nach ärztlichem Sprachgebrauch, symptomatisch geworden ist.
Eine U-Untersuchung deckt aber keine vollständige Untersuchung des Auges ab!
Nach subjektiver augenärztlicher Einschätzung können durch die U- Untersuchungen erheblich mehr Auffälligkeiten an den Kinderaugen festgestellt und somit frühzeitig einer, für das Sehvermögen der Kinder förderlichen, Behandlung zugeführt werden also ohne diese U-Untersuchungen. Bei den kinderärztlichen Untersuchungen handelt es sich jedoch nicht um eine vollständige Untersuchung des Auges. Gerade bei Kindern mit familiären Augenerkrankungen sollte trotz unauffälligem Screening eine vollständige Augenuntersuchung durchgeführt werden. Dazu gehört:
- die Inspektion der vorderen Augenabschnitte (Lidstellung, Tränenwege, Bindehaut, Hornhaut, Linse, Iris),
- der Pupillomotorik,
- der hinteren Augenabschnitte (Netzhaut, Makula, Aderhaut, Sehnerv),
- der Vermesssung der Brechwerte des Auges und
- die Erhebung des orthoptischen Status durch die Orthoptistin. Der orthoptische Status untersucht dabei die Zusammenarbeit der Augen und damit die visuelle Entwicklung des Kindes. Dabei geht es um ein Schielen oder ein verlangsamte einseitige Sehentwicklung (Amblyopie) auszuschließen.
Eine vollständige augenärztliche und orthoptische Untersuchung wird seit Jahren von den entsprechenden Berufsverbänden für sinnvoll erachtet und vorgeschlagen. Entsprechend der normalen Sehentwicklung sollte die Untersuchung nach dem ersten oder dritten Lebensjahr und vor der Einschulung erfolgen. Bedauerlicherweise hat der Gesetzgeber die Ideen für diese Untersuchungen als Kassenleistung bislang nicht aufgegriffen. Vorsorgeuntersuchungen bei Augenärzten müssen somit in der Regel als private Leistung angerechnet werden. Ausnahmen bilden einige gesonderte Kassenverträge.