Selbst wer einen vorbildlichen Lebensstil pflegt, kann von HerzKreislauf-Erkrankungen manchmal sogar schon in jungen Jahren betroffen sein. Beispielsweise, wenn eine genetische Vorbelastung vorliegt.
Prof. Dr. Holger Thiele
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Liebe Leserinnen und Leser, vielleicht haben Sie es schon mitbekommen: Laut einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) und des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung gehört Deutschland im westeuropäischen Vergleich bei der durchschnittlichen Lebenserwartung leider nur zu den Schlusslichtern. Und das, obwohl wir Deutschen europaweit mit am meisten Geld für unsere Gesundheit ausgeben. Als Grund dafür wird vermutet, dass die deutsche Bevölkerung zu wenig über Präventionsmaßnahmen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen weiß, bzw. zu wenig dafür getan wird. Dieser Befund ist alarmierend, und ein Zeichen dafür, dass es große Lücken sowohl in der Finanzierung der Herz- und Kreislaufforschung sowie bei der Aufklärung über Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt. Daher begrüße ich sehr, dass die FAZ das Thema „Prävention“ mit dieser Kampagne in den Fokus rückt.
Eine der häufigsten und tückischsten Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems ist die Atherosklerose, also die Verkalkung bzw. Verstopfung von Blutgefäßen durch sogenannte Plaques. Setzt sich ein Gefäß zu stark zu, können Herzinfarkte und Schlaganfälle die Folge sein. Ob man davon betroffen ist, ist zumindest im Frühstadium für einen selbst kaum feststellbar. Oft bemerkt man typische Anzeichen wie Luftnot und Engegefühl in der Brust erst im fortgeschrittenen Stadium. Mit zunehmendem Alter oder bei Vorhandensein einer Typ-2-Diabetes-Erkrankung steigt das Risiko. Es gibt aber auch einige andere Risikofaktoren, die eine Atherosklerose begünstigen können: Wer häufig ungesunde Fette zu sich nimmt oder durch eine genetische Veranlagung hohe Cholesterinwerte hat, stark übergewichtig ist, raucht oder hohen Blutdruck hat, ist meist eher betroffen als jemand mit einem gesünderen Lebensstil. Entsprechend sind leichteres Essen, Sport und der Verzicht auf Tabak und Alkohol gute Maßnahmen, um Herz- Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen.
Aber selbst wer einen vorbildlichen Lebensstil pflegt, kann von Herz-Kreislauf-Erkrankungen manchmal sogar schon in jungen Jahren betroffen sein. Beispielsweise, wenn eine genetische Vorbelastung vorliegt. Familiäre Hypercholesterinämie ist hier das Stichwort, eine vererbbare Stoffwechselstörung, durch die LDL-Cholesterin im Körper nicht richtig abgebaut wird. Schätzungsweise eines von 200 Kindern kommt damit in Deutschland zur Welt. Leider wird die Krankheit kaum erkannt, obwohl sie durch einen einfachen Bluttest feststellbar wäre. In einem Pilotprojekt der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) zusammen mit anderen Herz-Fachgesellschaften wird gerade aktuell untersucht, wie effektiv eine frühzeitige Diagnose bei Kindern und Jugendlichen durchgeführt werden kann, beispielsweise im Rahmen der medizinischen Standarduntersuchungen U9 bis J1. Von Hypercholesterinämie Betroffene erleiden häufig schon im jungen Erwachsenenalter Schlaganfälle oder andere kardiovaskuläre Ereignisse, die durch eine frühzeitige Behandlung mit cholesterinsenkenden Mitteln verhindert werden können.
Auch im Erwachsenenalter kann die Bedeutung der Früherkennung von HerzKreislauf-Erkrankungen kaum hoch genug eingeschätzt werden, denn hier gilt ebenso: Je früher die Erkrankung erkannt wird, desto besser sind die Chancen, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.
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