Lebensmittelallergien sind seit Jahren auf dem Vormarsch. Auch Stefanie Grauer ist betroffen und hatte zu ihren schlimmsten Zeiten über 50 verschiedene Nahrungsmittelallergien. Sie erzählt uns, wie sie es schaffte, mit ihren Beschwerden umzugehen, und wie sie ihren Erfahrungsschatz an andere Betroffene weitergibt.
Liebe Steffi, du hast sehr plötzlich Unverträglichkeiten und Allergien gegen jede Menge Inhaltsstoffe entwickelt. Kannst du uns etwas über deine AllergieErfahrungen erzählen? Welche Allergien hast du entwickelt und wie ging es dir damals hinsichtlich der Symptome und der Diagnose?
Ich hatte urplötzlich Atembeschwerden, Urtikaria und ein generelles Unwohlsein, weswegen ich in die Notaufnahme ging. Dort bekam ich verschiedene Infusionen, um meinen Zustand zu stabilisieren, und sollte mich tags darauf bei meiner Allergologin vorstellen. In der folgenden Nacht hatte ich einen so starken anaphylaktischen Schock, dass ich reanimiert werden musste. Danach war ich knapp vier Wochen in einer Klinik und wurde komplett auf links gedreht. Entlassen wurde ich ohne Befund und auch Allergietests schlugen nicht an, obwohl ich damals schon vermutete, dass mein Zustand mit verschiedenen Lebensmittelunverträglichkeiten zusammenhängt. Ich nahm lange hochdosiertes Cortison ein, um meine Entzündungswerte wieder zu normalisieren und weitere Schocks zu vermeiden. Zudem bekam ich eine Liste mit zwölf Lebensmitteln, die für bedenkenlos gehalten wurden. Da ging meine Reise los. Die vollständige Diagnose war ein Puzzle, das sich erst über die Jahre ergeben hat. Etwa anderthalb Jahre nach meinem Schock wurde eine Histaminintoleranz festgestellt, danach eine genetische Laktoseintoleranz. Nach über zwei Jahren fand ich eine Ärztin, die sich meine Geschichte im Ganzen angeschaut hat. Sie vermutete, dass meine Krankengeschichte einen langen Vorlauf hatte und mein Immunsystem irgendwann kollabiert ist. Das Resultat waren über 50 Lebensmittelallergien.
Mittlerweile hast du fast keine Allergien mehr. Welche Veränderungen in deiner Ernährung oder deinem Lebensstil haben dir am meisten geholfen, deine Allergien in den Griff zu bekommen?
Ich habe mich viel um mich selbst gekümmert, habe eine Entgiftung und eine Darmsanierung gemacht. Ich habe mein Leben massiv entschleunigt, da rückblickend der permanente Stress meinen Körper in die Knie gezwungen hat. Ich war im Job viel unterwegs, da blieb die gesunde Lebensweise komplett auf der Strecke. Das musste ich alles ändern, um wieder fit zu werden: körperlich und mental.
Was hat dich ursprünglich dazu inspiriert, den Blog “KochTrotz” zu starten, und wie hat sich dein Ansatz über die Jahre entwickelt?
Ich habe schon immer gern gekocht, wenn auch früher nur an den Wochenenden. Den Blog habe ich spontan gestartet, um mit den Lebensmitteln, die ich essen konnte, Rezepte zu entwickeln. Denn bei meinen Recherchen habe ich gemerkt: Ich bin nicht allein! So konnten meine Erfahrungen auch anderen zugutekommen. Mein Ansatz war immer, mit wenigen Zutaten variabel agieren zu können und ggfs. in Grundrezepten auch Zutaten auszutauschen, für die es eine Allergikerfreundliche Alternative gibt. Im Laufe der Zeit konnte ich für die sieben Hauptallergene immer auch entsprechende Alternativen bieten. Inzwischen habe ich zehn Bücher geschrieben, in denen ich mit einem Zutaten-Baukastensystem arbeite. So sind die Rezepte leicht nachzukochen und individuell anpassbar.
Viele deiner Rezepte sind glutenfrei, vegan oder Allergikerfreundlich. Was ist dir bei der Entwicklung dieser Rezepte besonders wichtig?
Sie sollen immer einfach umsetzbar sein und mit wenigen Zutaten auskommen. Mittlerweile gibt es ja wirklich ein riesiges Angebot an Ersatzprodukten, das macht es zunehmend leichter, dass alle damit kochen und backen können. Für meinen mittlerweile 15-jährigen Einsatz in diesem Bereich habe ich 2021 sogar das Bundesverdienstkreuz erhalten. Das Thema ist nun mal für viele Menschen relevant, und ich freue mich, einen kleinen Teil dazu beitragen zu können, ihnen das Leben ein wenig zu erleichtern.
Welche Tipps würdest du Menschen geben, die gerade erst beginnen, sich mit Allergikerfreundlicher Lebensweise auseinanderzusetzen?
Die meisten Betroffenen sehen zuerst natürlich nur die Einschränkungen und Verbote am Speiseplan, was vollkommen nachvollziehbar ist. Meine größte Empfehlung ist: Dreh die Sache um! Schreib dir auf, was du essen kannst und welche Alternativen du nutzen kannst. Mach eine Positiv-Liste! Das hilft enorm dabei, ein positives Mindset zu behalten und einen individuellen Weg zu finden, der funktioniert. So wird es auch leichter, die passenden Rezepte zu finden, die gut tun und auch schmecken.
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