Wie eine aktuelle Studie an knapp 300 Patienten aus 16 Hausarztpraxen zeigt, leidet jeder dritte trotz der Einnahme von PPI weiterhin unter Sodbrennen.
Prof. Dr. Joachim Labenz
Chefarzt der Inneren Medizin am Diakonie-Klinikum, Jung-Stilling-Krankenhaus in Siegen
Dr. Henning G. Schulz
Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie am Evangelischen Krankenhaus Castrop-Rauxel
Gegen Sodbrennen lässt sich in der Regel mit Medikamenten viel ausrichten. Doch leider wirken sie nicht immer so gut wie gewünscht.
Die vergessenen Patienten aufspüren
Viele der Betroffenen erwähnen die Beschwerden nicht mehr, die Ärzte nehmen daher an, dass die PPI wirken und fragen nicht unbedingt nach. Doch das würde sich lohnen. „Weitere Analysen der Studie ergaben, dass etwa zehn Prozent dieser „vergessenen Patienten“ von einem modernen, schonenden Operationsverfahren profitieren könnten“, erklärt Professor Dr. Joachim Labenz, Chefarzt der Inneren Medizin am Diakonie-Klinikum, Jung-Stilling-Krankenhaus in Siegen.
Das moderne System – EndoStim – setzt am Auslöser des Sodbrennens an:
Dem geschwächten Schließmuskel (Sphinkter) zwischen Speiseröhre und Magen. Wenn der Sphinkter nicht mehr richtig funktioniert, fließt saurer Magensaft in die Speiseröhre zurück (Reflux). Via Bauchspiegelung (minimal-invasiv) werden bei EndoStim zwei Elektroden am Sphinkter fixiert und mit einem kleinen Schrittmacher verbunden. Diesen wiederum platzieren die Chirurgen unter der Bauchdecke. Über eine Programmierung von außen löst er dann in regelmäßigen Abständen elektrische Impulse aus. Die Impulse kräftigen den Sphinkter, er kann seine Funktion wieder erfüllen.
Bei 90 Prozent meiner Patienten zeigt der Schrittmacher Erfolg.
Hohe Erfolgsraten, wenig Nebenwirkungen
In Deutschland erhielten inzwischen 70 Patienten EndoStim, 22 davon durch Dr. Henning G. Schulz, Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie am Evangelischen Krankenhaus Castrop-Rauxel. „Bei 90 Prozent meiner Patienten zeigt der Schrittmacher Erfolg, 77 Prozent brauchen überhaupt keine PPI mehr, 14 Prozent konnten die Dosis auf ein Viertel reduzieren“, berichtet der Chirurg. Als großen Vorteil von EndoStim nennt er, dass die natürliche Anatomie praktisch erhalten bleibt.
Bei klassischen Anti-Reflux-Operationen wird dagegen ein Teil des Magens zur Stärkung um den Sphinkter genäht. Zudem leiden zehn bis 15 Prozent der Betroffenen danach langfristig unter Schluckstörungen oder Verdauungsstörungen – Komplikationen, die bei EndoStim nicht zu befürchten sind.
Die vergessenen Patienten finden
Doch erst einmal ist es wichtig, die „vergessenen Patienten“ zu entdecken und zu prüfen, ob die Operation infrage kommt. Hier sind in erster Linie die Hausärzte gefragt. Sie sollten bei der nächsten Verordnung von PPI kurz nachfragen, wie gut die Medikamente anschlagen. Bestehen weiterhin Beschwerden, gilt es, eine umfassende Diagnostik bei Spezialisten einzuleiten. Im Idealfall arbeiten die verschiedenen Fachdisziplinen eng zusammen, was den Betroffenen Zeit und Wege erspart.
Dieses Konzept setzte Professor Labenz im Dezember 2014 um und gründete zusammen mit drei Kollegen das spezialisierte Reflux-Zentrum Siegerland. Erste Anlaufstelle ist hier eine Allgemeinmedizinerin, die je nach vorliegenden Befunden gezielt für jeden Einzelnen weitere Schritte einleiten kann.
Zehn Prozent dieser „vergessenen Patienten“ könnten von einem modernen, schonenden Operationsverfahren profitieren.