Interview mit Philipp Lahm
Herr Lahm, Sie haben sich kürzlich beim Training verletzt. Bitte erzählen Sie uns mehr darüber.
Es ist ohne Einwirkung eines Gegenspielers passiert und es gab ein sehr lautes und unangenehmes Geräusch. Im ersten Moment hatte ich wirklich Angst, dass es ein offener Bruch ist, und wollte gar nicht nach unten sehen. Zum Glück war aber von außen alles heil und auch ansonsten ist es „nur“ ein Bruch. Bänder, Muskeln und Sehnen wurden nicht in Mitleidenschaft gezogen.
Und wie geht es Ihnen heute?
Jetzt habe ich eine Platte und sechs Schrauben im rechten Fuß und darüber trage ich diesen schicken Aircast-Stiefel. Wenn alles nach Plan verläuft, sechs Wochen lang, dann darf ich langsam wieder belasten und hoffe, dass ich nach weiteren sechs Wochen wieder ganz einsatzfähig bin.
Wie gehen Sie mit Sportverletzungen um?
Ich habe das große Glück, dass ich während meiner gesamten Karriere bisher nur sehr selten verletzt war. Zudem habe ich abgesehen vom Confederations Cup 2005 niemals ein wichtiges Turnier oder große Spiele dadurch verpasst. Das macht es in jedem Fall leichter, dem Körper die Zeit zu geben, die er zum Heilen braucht.
Aber auch unabhängig von meinem „guten Timing“ bin ich der Ansicht, wenn ich verletzt bin, bin ich verletzt. Dann geht es nicht mehr darum, möglichst schnell wieder auf dem Platz zu stehen, dann geht es darum, wieder ganz gesund zu werden. Ein vorschnelles Comeback hilft weder mir noch der Mannschaft.
Sind Sie immer so entspannt?
Klar gelingt es mir nicht, diese entspannte Betrachtungsweise ab dem ersten Moment der Verletzung zu haben. Es ist immer ein Schock, immer am Anfang ein Zweifel, wie es weitergeht, wie schlimm es ist. Aber ich habe gelernt, geduldig zu sein, mir die Unterstützung von Experten zu holen und mich dann Stück für Stück auf den Rehaprozess zu konzentrieren. In solchen Phasen ist man Einzelsportler – das Ziel ist es, wieder fit zu werden.
Es geht nicht mehr um Spiele, Siege und Punkte. Wichtig ist es, nicht gegen die Verletzung zu kämpfen, sondern zu akzeptieren, dass Rückschläge dazugehören und sich die Zeit zu geben, wieder gesund zu werden und geduldig an der Rückkehr zu arbeiten. Der Blick geht nach vorne.
Besonders als Sportler ist es wichtig, gesund zu bleiben. Wie halten Sie sich gesund?
Absolut. Als Sportler bin ich da-rauf angewiesen, dass mein Körper zu 100 Prozent funktioniert. Deshalb ist es wichtig, so zu trainieren, dass die meisten Verletzungen erst gar nicht vorkommen, das heißt, Kraft und vor allem auch Beweglichkeit zu trainieren, damit die regelmäßigen Belastungen in Training und Wettkampf keine Schäden verursachen.
Außerdem ist eine ausgewogene Ernährung wichtig, damit der Körper ausreichend Energie hat, und Zeit zur Regeneration spielt eine entscheidende Rolle. Ich achte darauf, dass ich immer mindestens acht Stunden schlafe. Was auch nicht zu unterschätzen ist, ist eine mentale Ausgeglichenheit. Ich hole mir diese, indem ich meine freie Zeit mit Familie und Freunden verbringe.
Inwieweit vertrauen Sie diesbezüglich Ihrem eigenen Körperbewusstsein?
Ich orientiere mich eigentlich hauptsächlich an den unmittelbaren Rückmeldungen meines Körpers. Jeder Rehaprozess ist eine sehr intensive Auseinandersetzung mit sich selbst. Man lernt sich und seinen Körper ganz anders kennen. Schon seit meinem Mittelfußbruch während der Zeit bei Stuttgart registriere ich die kleinsten Veränderungen und kann darauf reagieren.
Ich bin überzeugt, dass jeder Mensch lernen kann zu spüren, was für einen selbst das Beste ist, was dem Körper gut tut, was und wie viel er an Essen braucht, wie viel Bewegung. Aber um dieses Bewusstsein zu erlangen, ist es notwendig, sich auszuprobieren und dieses Gefühl zu entwickeln. Ich denke, Aktivität und bewusste Ernährung sind die Basis für ein gesundes Leben.