Geschlechtskrankheiten auf dem Vormarsch.
Über Geschlechtskrankheiten wie Tripper und Syphilis sprach lange Zeit niemand mehr. Vielleicht zu lange, denn plötzlich sind sie wieder da – mit gravierenden Folgen.
Dank effektiver Aufklärungsarbeit bleibt die Zahl der HIV-Neuinfektionen seit Jahren konstant. Bei allen anderen sexuell übertragbaren Krankheiten ist es in den letzten Jahren jedoch zu einem starken Anstieg gekommen. „Weiterer Anstieg der gemeldeten Syphilisfälle im Jahr 2012“ schrieb beispielsweise das Robert Koch-Institut am 22. Mai diesen Jahres in seinem Newsletter.
Fast 4.410 neue Infektionen verzeichneten die Epidemiologen, eine Steigerung von 19 Prozent zum Vorjahr und eine Verdopplung zu den Neuinfektionen von 2001. Syphilis entwickelt sich mehr und mehr zu einer modernen Seuche – und diese kommt wahrscheinlich nicht allein. Denn Experten gehen davon aus, dass sich praktisch alle konventionellen sexuell übertragbaren Krankheiten außer HIV weiter ausbreiten. Dazu zählen unter anderem auch Tripper, auch Gonorrhö genannt, Chlamydien, Candidose (Pilz) und Herpes.
Rückkehr der Verbreitung des HI-Virus
Wie konnte es dazu kommen? Die Verkaufszahlen von Kondomen bleiben konstant hoch. Doch hier liegt auch der Irrglaube. Denn im Zuge der HIV-Prävention rieten vor einigen Jahren viele Ärzte ihren Patienten, im Zweifel lieber auf Oralverkehr auszuweichen. Die Übertragung des Virus über die Mundschleimhaut ist theoretisch zwar denkbar, kommt aber praktisch kaum vor. Dieser gut gemeinte Rat könnte Experten zufolge im Bezug auf die anderen sexuell übertragbaren Infektionen Schaden angerichtet haben.
HPV, das bei jungen Frauen Gebärmutterhalskrebs auslösen kann, scheint nun auch Karzinome in der Hals- und Rachenschleimhaut zu verursachen. Ein umgekehrtes Phänomen gibt es bei Herpes: Das Virus, das normalerweise Lippenbläschen verursacht, findet sich immer öfter in der Genitalregion von Patienten – und der Erreger des genitalen Herpes umgekehrt im Mundbereich.
Das Fatale an dieser Situation ist, dass es oft nicht bei der Geschlechtskrankheit allein bleibt. Viele Erreger können kleine, kaum sichtbare Verletzungen hervorrufen, die wiederum Angriffsfläche für weitere Erreger und Bakterien bieten. Syphilis, Tripper und Co könnten so eines Tages sogar den Rückgang des HI-Virus bedrohen. Denn wer an einer Sexually Transmitted Infection (STI) erkrankt ist, für den erhöht sich auch das Risiko einer HIV-Infektion um ein Vielfaches – und umgekehrt.