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    Leberversagen aus heiterem Himmel

    Positiv in die Zukunft blicken. Heute kann Jutta Hildebrandt wieder lachen, vor drei Jahren wäre sie fast gestorben. Foto: Privat

    Vor drei Jahren versagte die Leber von Jutta Hildebrandt*. Für die damals 39-Jährige ein Schock. Wie Sie damit umging, erzählt die zweifache Mutter im Interview.

    Wann haben Sie die ersten Veränderungen Ihres Körpers wahrgenommen?

    5 Wochen bevor wir in den Urlaub nach Ibiza geflogen sind, wurde bei mir eine Gürtelrose diagnostiziert. Dagegen habe ich Medikamente bekommen – unter anderem ein Herpes-Medikament und Paracetamol, beides Medikamente, die die Leber angreifen können.

    Wie ging es weiter?

    Nachdem die Gürtelrose abgeklungen war, war die erste Urlaubswoche sehr erholsam, dann wurde mir plötzlich sehr übel und meine Augen und Haut wurden gelb. In einer Klinik wurde mir nach einer Blutentnahme mitgeteilt, dass meine Leberwerte sehr schlecht seien und ich dort zur Beobachtung aufgenommen werden sollte.

    Haben Sie das getan?

    Ich hatte in der Klinik nicht das Gefühl, dass sie wussten, wie sie mich weiter behandeln wollen und habe den ADAC angerufen, in der Hoffnung, dass sie mich auf Grund der Auslandskrankenschutzversicherung nach Hause fliegen. Das hat der ADAC aber abgeleht, da sie das nur machen, wenn der behandelnde Arzt das für richtig hält. Ich bin zu 100 Prozent davon  überzeugt, dass, wenn ich auf den Arzt gehört hätte, ich jetzt nicht leben würde.

    „Ich bin zu 100 Prozent überzeugt, wenn ich auf den Arzt gehört hätte, wäre ich jetzt nicht mehr da.“

    Was haben Sie stattdessen gemacht?

    Wie haben selbst neue Flüge gebucht und sind nach Hause geflogen, wobei ich da schon sehr wackelig auf den Beinen war und ich Angst hatte, dass sie mich am Flughafen nicht in den Flieger steigen lassen. Im Klinikum haben sie direkt den Ernst der Lage erkannt. Noch in der Nacht haben sich die Spezialisten auf Grund meiner katastrophalen Leberwerte zusammengesetzt, und am nächsten Morgen erfuhr ich, dass ich auf die Transplantationsliste gesetzt werde.

    Wie haben Sie auf diese Nachricht reagiert?

    In dem Moment war es gut, dass ich schon im Bett war, denn sonst wäre ich sicher umgekippt. Ich habe nur gedacht: Es kann nicht sein, dass ich die Einschulung meiner Kinder nicht mehr miterlebe. Mit diesem Akuten Leberversagen, war ich direkt vom Tode bedroht. Deshalb wurde ich „Hochdringlich“ (HU = High Urgency) bei Eurotransplant gemeldet und war deshalb nicht dem MELD-System unterworfen. Das nächste passende Spenderorgan im gesamten Eurotransplantbereich sollte so an mich vermittelt werden. Und ich hatte riesengroßes Glück:  Drei Tage später wurde ich transplantiert!

    Wie haben Sie die Zeit nach der Transplantation erlebt?

    Die drei Wochen danach, die ich im Krankenhaus verbringen musste, waren schlimm. Ich hatte sehr viel Wasser eingelagert und durch den großen Bauchschnitt konnte ich mich erst nicht aufrichten. Erst nach und nach wurde das besser. Es hat richtig gut getan, als ich dann wieder ein bisschen alleine gehen und mich ans Fenster setzen konnte. Zuhause war es dann erst wieder sehr anstrengend, besonders das Treppensteigen. Nach einer Woche bin ich dann in die Reha gefahren und nach etwa zwei Monaten habe ich bei meiner Arbeitsstelle eine Wiedereingliederung gemacht.

    Das erste Jahr war insgesamt sehr heftig. Man muss ja Immunsuppressiva nehmen, die sehr genau eingestellt werden müssen. Das hat mich wahnsinnig gemacht. Ich habe gedacht, das kann so nicht meine Zukunft sein: Jede Woche ins Klinikum zu fahren und immer wieder zu erfahren, dass irgendein Wert zu hoch ist und wieder etwas an den Medikamenten geändert werden muss. Irgendwann hieß es dann auch noch, dass ich eine leichte Abstoßungsreaktion hatte. Die konnte mt Cortison wieder in den Griff bekommen werden, aber so eine Nachricht zu bekommen ist natürlich trotzdem nicht das, was man hören möchte.

    Es wird einem auch immer gesagt, dass das erste Jahr das schlimmste sei und es danach ruhiger wird, aber ich habe das damals noch nicht glauben können.

    Wie ist Ihr Umfeld mit dieser Situation umgegangen?

    Mein Mann hat sich sehr viel Sorgen um mich gemacht. Er hat zuhause alles desinfiziert, und ich durfte da aufhalten wo viele Menschen sind wegen der Ansteckungsgefahr. Ich habe lange gebraucht ihn zu überzeugen, dass sowas wieder geht. Meine betreuender Arzt hat mich darin unterstützt, denn er hat meinem Mann erklärt, dass sie mich nicht transplantiert haben, damit ich abgeschnitten von der Aussenwelt nur noch zu Hause leben kann, sondern damit ich wieder ins normale Leben zurück finde.

    Allerdings, wenn die Kinder jetzt krank sind, dann kümmert mein Mann sich darum, weil die Ansteckungsgefahr bei mir einfach größer ist.

    Was sind Ihre Wünsche?

    Ich möchte mit meiner Familie reisen und sie in Ihrem Leben begleiten, vor allen Dingen meine Kinder. Die sind beide sehr aktiv im Leichtathletik-Verein und wir fahren dann schon mal zu Turnieren. An solchen Unternehmungen mit meiner Familie habe unglaublichen Spaß. Aber auch für mich selber nehme ich mir Zeit Dinge zu tun, die mir guttun wie z.B. mit einer Freundin zum Quatschen treffen, reiten oder schön essen gehen.

    Ich habe in den ersten Jahren nicht den Mut gehabt mal wieder ins Ausland zu verreisen, aber jetzt haben wir unsere erste Flugreise in den Süden gebucht. Ich versuche jetzt aus jedem Tag das Maximum herauszuholen und die Zeit optimal zu nutzen. Ich lebe von einem Ziel zum nächsten und mache keine Pläne mehr, was ich in 10 Jahren machen möchte. Manche Menschen wissen das gar nicht zu würdigen, dass sie gesund sind und Zeit haben. Wenn ich sehe, worüber Leute sich aufregen oder miteinander streiten, dann denke ich nur, haltet doch zusammen und überlegt was wirklich wichtig im Leben ist.

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