Interview mit Bianca Maurer zum Thema Zöliakie.
Worin besteht der Unterschied zwischen der Weizensensitivität und der Zöliakie?
Die Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität, kurz Weizensensitivität, ist eine Intoleranz gegenüber Weizenbestandteilen. Das klinische Bild kann der Zöliakie ähnlich sein. Vermutet wird, dass aber nicht das im Weizen enthaltene Gluten, sondern die mit glutenhaltigen Produkten assoziierten Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATIs) ursächlich sind. Möglicherweise besitzen aber auch nicht resorbierbare Kohlenhydrate, die natürlicherweise in manchen Nahrungsmitteln vorkommen (FODMAPs), eine wichtige Bedeutung. Hier liegen derzeit noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, weshalb noch Forschungsbedarf besteht.
Es gibt zahlreiche Symptome einer Zöliakie, die durch eine Mangelversorgung des Körpers auftreten können. Im Kindesalter zeigt sich die Erkrankung häufig in Form von Eisenmangel, Wesensveränderungen wie Unzufriedenheit oder Weinerlichkeit und stagnierendem Wachstum.
Sicher ist, dass es sich bei diesem unscharf definierten Krankheitsbild nicht um eine allergische oder autoimmune Erkrankung handelt und dass der Konsum von weizenhaltigen Produkten Symptome ähnlich jenen der Zöliakie verursachen kann. Betroffene sollten eine glutenfreie Diät ähnlich wie Zöliakiebetroffene einhalten. Ob die Diät ebenso streng eingehalten werden muss, ist noch unklar. Studien hierzu gibt es noch nicht. Bislang gibt es noch keinen eigenständigen Test, mit dem die Weizensensitivität diagnostiziert werden kann. Hier findet lediglich eine Ausschlussdiagnose statt.
Das heißt, wenn weder eine Zöliakie noch eine Weizenallergie nachgewiesen werden kann, die Patienten jedoch über das Nachlassen der Beschwerden unter glutenfreier Ernährung berichten, kann eine Weizensensitivität vorliegen. Eine eindeutige Diagnose ist nicht möglich.
Welche Symptome können bei der Zöliakie auftreten?
Es gibt zahlreiche Symptome einer Zöliakie, die durch eine Mangelversorgung des Körpers auftreten können. Im Kindesalter zeigt sich die Erkrankung häufig in Form von Eisenmangel, Wesensveränderungen wie Unzufriedenheit oder Weinerlichkeit und stagnierendem Wachstum. In späteren Jahren können Osteoporose, Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Depressionen oder gar Unfruchtbarkeit auftreten.
Klassische Symptome wie Durchfall und Bauchschmerzen zeigt nur ein geringer Teil der Betroffenen. Die Symptome sind so vielfältig und unterschiedlich ausgeprägt, dass kaum zwei Krankheitsfälle identisch sind. Zudem können sich die Symptome im Verlauf der Krankheitsgeschichte ändern. Mediziner bezeichnen Zöliakie daher auch als „Chamäleon unter den Krankheiten“.
Welche Diagnostikverfahren liefern ein eindeutiges Ergebnis?
Bei Verdacht auf Zöliakie sollte ein Bluttest auf zöliakietypische Antikörper durchgeführt werden. Deuten die Werte auf eine Zöliakie hin, bringt eine Magenspiegelung mit Probenentnahme aus dem Dünndarm Sicherheit. Der Patient muss sich jedoch unbedingt bis zur Diagnose glutenhaltig ernähren. Eine vorsorglich glutenfreie Ernährung verfälscht das Ergebnis. Leider werden manchmal immer noch Untersuchungen wie Stuhl- oder Speicheltests durchgeführt, die aber keine zuverlässigen Ergebnisse liefern. Ebenso wenig können Schnelltests aus der Apotheke oder IgG4-Allergietests eine Zöliakie anzeigen.
Gibt es außer einer Ernährungsumstellung alternative Therapiemöglichkeiten?
Nein, derzeit ist die strikte glutenfreie Ernährung die einzige Möglichkeit für ein beschwerdefreies Leben.
„Hin und wieder Gluten kann ja nicht schaden …“ Was raten Sie Personen, die unter Zöliakie leiden, eine strikte Ernährungsumstellung aber nicht umsetzen?
Wir raten ihnen, keine bewussten Diätfehler zu begehen, da die glutenfreie Ernährung nicht nur vor einer erneuten Entzündung des Dünndarms und zöliakietypischen Symptomen wie Bauschmerzen oder Durchfall schützt, sondern auch vor möglichen Begleiterkrankungen wie Laktoseintoleranz, Osteoporose, Zahnschmelzdefekten oder Blutarmut. Selbst Spuren von Gluten können neue Entzündungen im Dünndarm hervorrufen und damit das Risiko für weitere Krankheiten erhöhen.