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  • Allergien und Atemwege

    „Mein Sauerstoffkonzentrator und mein Elektrorollstuhl sind meine täglichen Begleiter.“

    Foto: Thomas Reicheneder

    Michelle ist 28 Jahre alt und lebt seit ihrem zwölften Lebensjahr mit einer nicht klar diagnostizierten Lungenerkrankung. Wie Sie mit der Erkrankung umgeht, teilt sie mit uns im Interview.

    Michelle, du hattest schon als Kind starke Allergien. Von welchen Allergien warst du betroffen und bist es heute noch?

    In meiner Kindheit waren es vor allem Lebensmittelallergien, die ziemlich stark ausgeprägt waren: Weizen, Kartoffeln und Milch. Ich konnte deshalb nur sehr eingeschränkt essen. Mit der Pubertät wurde es besser, dafür wurden andere Allergien wie Pollen und Gräser schlimmer. Auch gegen Tierhaare war ich schon immer allergisch. In der Pollensaison hilft es mir schon, wenn ich mir zum Beispiel abends die Haare nass ausbürste, um den Pollenstaub rauszubekommen. Ich ziehe mich auch nicht mehr im Schlafzimmer um, damit sich der Pollenstaub nicht weiter verteilt. Auch gute Luftreiniger können helfen, die Pollensaison relativ gut zu überstehen.

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    Kannst du uns etwas über die Art und die Diagnose deiner Lungenkrankheit erzählen?

    Zunächst möchte ich hier erwähnen, dass ich leider keine eindeutige Diagnose habe. Ich habe verschiedene Symptome von verschiedenen Krankheiten. Meine Krankheit ähnelt am meisten der Mukoviszidose, aber alle Untersuchungen und Tests, die ich diesbezüglich gemacht habe, waren negativ. Ich habe auch Symptome von Asthma, aber im Gegensatz zu anderen Asthmatikern helfen mir zum Beispiel kein Kortison und keine Antikörperspritzen. Meine Ärzte wissen, was mit meiner Lunge nicht stimmt, zum Beispiel ist mein unterer rechter Lungenlappen kollabiert, aber sie können nicht sagen, warum und wann. Teile meiner Lunge sind auch vernarbt, ich habe einen Keim in der Lunge und im Laufe der Jahre hat sich meine Lungenfunktion verschlechtert. Sie liegt inzwischen nur noch bei 20 Prozent, während sie bei gesunden Menschen zwischen 80 und 120 Prozent beträgt. Dennoch brauche ich Sauerstoff nicht zwingend allein wegen der schlechten Lungenfunktion, sondern weil meine Lunge mittlerweile so stark geschädigt ist, dass sie meinen Körper nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgen kann. Es gibt Menschen mit einer ähnlich niedrigen Lungenfunktion, die dennoch ohne Sauerstoff auskommen – bei mir ist das jedoch nicht mehr möglich.

    Wie beeinflusst deine Erkrankung deinen Alltag und welche Herausforderungen begegnen dir dabei?

    Seit 2018 bin ich pensioniert, d. h. ich kann nicht mehr arbeiten gehen, was sich extrem auf mein Leben auswirkt. Einfache Dinge wie Hausarbeit oder auch Spaziergänge sind für mich nicht mehr möglich. Für Spaziergänge habe ich zwar einen Elektrorollstuhl, aber da ich auch keine Treppen mehr steigen kann, kann ich nicht von heute auf morgen sagen: „Ich habe Lust auf einen Spaziergang, also gehe ich einfach los“. Selbst nach kleinsten Anstrengungen, wie etwa kurz Staubsaugen, weil ich unerwartet Dreck gemacht habe, muss ich mich danach erst einmal wieder ausruhen. Insgesamt ist meine Belastbarkeit sehr eingeschränkt. Da ich Pflegegrad 3 bin, bekommen wir einmal in der Woche Unterstützung von einer Hauswirtschaft, die mich und meinen Mann unterstützt. Grundsätzlich hilft mir aber mein Mann im Alltag sehr gut, wofür ich ihm sehr dankbar bin.

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    Was macht es mit dir keine Diagnose zu haben?

    Um ehrlich zu sein, nicht mehr so viel. Meine Symptome sind, wie sie sind, und selbst wenn die Krankheit jetzt einen Namen hätte, würde sich nichts ändern. Mit Antibiotika bekomme ich zumindest den Keim in meiner Lunge immer mal wieder in den Griff, aber es ist ein Auf und Ab. Aber ich habe sehr lange gebraucht, um diese Einstellung zu finden. Dabei geholfen hat mir unter anderem eine Psychotherapie, die ich gerade am Anfang sehr regelmäßig besucht habe. Mittlerweile brauche ich die Stunden nicht mehr sehr oft, aber es ist dennoch gut darauf zurückgreifen zu können.

    Welche medizinischen Behandlungen oder Therapien haben dir bisher geholfen, und welche Rolle spielen dabei Medikamente oder Hilfsmittel wie der Sauerstoffkonzentrator?

    Mein Sauerstoffkonzentrator und mein Elektrorollstuhl sind meine täglichen Begleiter. Neben den antibiotischen Infusionen, die ich gegen den Keim bekomme, hilft mir am meisten die Atemtherapie, die ich zweibis dreimal pro Woche mache. In dieser Stunde konzentriere ich mich nur auf meine Atmung, was zwar sehr anstrengend ist, aber egal, ob ich eine schlechte oder eine gute Phase habe, ich profitiere am meisten davon. Nach ganz schlechten Phasen hilft mir auch ein Gespräch mit meiner Psychologin, damit ich mit einer neutralen Person darüber reden und die schlechte Phase abhaken kann.

    Welche Ratschläge würdest du anderen Menschen in ähnlichen Situationen geben?

    Als ich mit 12 Jahren die ersten Symptome bekam, dachte man zuerst, es sei psychosomatisch. Mein Bauchgefühl hat mir aber gesagt, dass es nicht so ist und ich habe sehr früh gesagt, dass man sich bitte meine Lunge anschauen soll. Auf sein Bauchgefühl zu hören, wenn man krank ist, ist das Wichtigste und dann so lange dran zu bleiben, bis man wirklich ernst genommen wird. Ich versuche, mich viel mit anderen Menschen auszutauschen, die entweder ähnliche Symptome haben oder an sehr seltenen Krankheiten leiden. Dieser Austausch gibt mir das Gefühl, nicht alleine zu sein und verstanden zu werden, weil diese Menschen nachvollziehen können, welchen Weg man geht.

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