Seltene Erkrankungen sind für Patient*innen in vielfacher Hinsicht eine Belastung. Die Studienlage ist oft so begrenzt, wie die Therapiemöglichkeiten auch sind. Im Interview gibt ein Betroffener Einblick in seinen Alltag mit dem McCune-Albright-Syndrom, einer schweren, seltenen Erkrankung, und erzählt, wie ihm medizinisches Cannabis hilft, Lebensqualität zu gewinnen.
Thorsten, bei dir wurde das McCune-Albright-Syndrom diagnostiziert. Welche Symptome bringt die Krankheit mit sich?
Das McCune-Albright-Syndrom ist sehr selten. Ich bewegte mich anders und hatte immer wieder Schmerzen. Es dauerte lange, bis die richtige Diagnose gestellt wurde. Bei Betroffenen ist der Knochenstoffwechsel gestört. Statt einer festen Substanz ist innen eine Art milchige Flüssigkeit, sodass der Knochen keinen Halt hat.
Wann kam die Diagnose? Wie wurdest du behandelt?
Bei der Diagnose war ich elf Jahre alt. Damals kannte fast niemand dieses Krankheitsbild. Ich bin in vielen verschiedenen Kliniken gewesen, in ganz Deutschland, wurde immer wieder geröntgt und bekam CTs; mir sollten sogar die Beine abgenommen werden, da war ich zwölf. Zum Glück hat sich meine Mutter dagegengestellt.
Es gab die Vermutung, dass es nach der Pubertät eventuell besser werden könne. Das ist leider nicht passiert. Ich bekam mit 18 meine erste Knochentransplantation, dafür wurde aus dem rechten vorderen Becken Knochen entnommen und in den rechten Oberschenkel eingesetzt. Danach kamen weitere Transplantationen, mir wurden auch Metallplatten eingesetzt und verschraubt. Ich war viel im Krankenhaus und kam durch die Operationen schließlich in einen Rollstuhl. Ich habe mir sehr einen Beruf und ein normales Leben gewünscht, das war nur mit starken Schmerzmitteln möglich.
Welche Therapiemöglichkeiten hat man mit diesem Krankheitsbild?
Im Wesentlichen sind es Operationen und Schmerzmedikamente. Es gab auch einen Versuch, die Knochendichte zu stärken, aber das funktionierte leider nicht. Bis 2015 bekam ich Opiate in recht hohen Dosierungen verschrieben, diese haben mich aber körperlich kaputtgemacht. Auch Depressionen habe ich durch die Opiate bekommen. In einer Klinik, in der ich in Behandlung war, wurde damals auch mit Cannabis therapiert. Der Arzt bot mir an, dies bei mir zu versuchen. Wir bekamen eine Ausnahmegenehmigung, die man damals beantragen musste, sodass ich relativ bald mit der Cannabis-Therapie beginnen konnte.
Wie hat dir die cannabisbasierte Therapie geholfen?
Ich habe im Sommer mit der Cannabis-Therapie begonnen und konnte bereits im Oktober den Rollstuhl, in dem ich zehn Jahre war, weglassen. Seit einiger Zeit kann ich sogar wieder kurze Wege frei gehen, etwa fünf bis zehn Minuten, ohne Krücken. Das ist für mich eine enorme Steigerung der Lebensqualität! Mit den Opiaten hatte ich kaum schlafen können – das Cannabis hat alles viel besser reguliert, sodass jetzt auch mein Schlaf besser ist. Opiate nehme ich seitdem keine mehr ein, die damit verbundenen schweren Nebenwirkungen fallen alle weg.
Welche Therapieform nutzt du aktuell und wie hilft dir diese?
Durch die cannabisbasierten Medikamente ist bei mir erstmals eine Besserung eingetreten. Es ist auch so, dass ich jetzt eine deutlich niedrigere Dosis Cannabis nehmen kann als zu Anfang. Das ist bei anderen Medikamenten in der Regel genau umgekehrt, man braucht bei Opiaten z. B. immer mehr. Die cannabisbasierte Medikation konnte ich mittlerweile um das 80-Fache reduzieren. Ich nehme derzeit nur ein Spray, drei- oder viermal über den Tag verteilt. Das reicht aus.