Frank Leichtle bekam erst mit 47 Jahren die Diagnosen Glutensensitivität, Laktoseintoleranz, Fructoseintoleranz und Sorbitintoleranz. Was das für sein Leben bedeutete und warum er mit seinem Foodblog andere inspirieren möchte, erzählt der sympathische Hobbykoch im Interview.
Frank Leichtle
Frank hat inzwischen seinen Beruf für seine Leidenschaft aufgegeben und arbeitet heute selbstständig als Blogger, Content Creator, Rezeptentwickler und Foodfotograf
Wie kam es zur Diagnose Ihrer Intoleranzen?
Dass ich Lebensmittelunverträglichkeiten habe, ist mir schon im Alter von ca. 18 Jahren klar gewesen, es gab aber keinen Arzt, der herausfand, um welche es sich handeln könnte. Erst 2014, als ich 47 Jahre alt war, wurden die Unverträglichkeiten diagnostiziert. Zuvor ging es mir immer schlechter. Ich hatte täglich Bauchschmerzen, Bauchkrämpfe, sehr oft Durchfall, starke Blähungen, Übelkeit, war ständig müde, oft unkonzentriert, hatte depressive Verstimmungen, oft ein Benommenheitsgefühl, war sehr anfällig für Infekte, hatte Knochenschmerzen und Schwellungen der Fingergelenke. Eine Orthopädin schickte mich dann erneut zu einem Gastroenterologen, der erstmals umfassende Untersuchungen vornahm. Alle Mediziner davor hatten meine Beschwerden nie ernst genommen. Er führte eine Stuhl- und Blutuntersuchung durch. Zusätzlich führte er Atemtests für Laktose, Fructose und Sorbit durch, die alle positiv waren.
Wie sind Sie mit der Diagnose umgegangen und wie sahen die folgenden Monate aus?
Zuerst einmal war ich tatsächlich froh, endlich eine Diagnose für meine Beschwerden zu erhalten. Die Hoffnung, endlich etwas dagegen tun zu können – und auf Linderung meiner Beschwerden–, überwog zuerst. Das hat sich aber schnell geändert, als mir das eigentliche Ausmaß auf mein Leben und meine Ernährung bewusst wurde. Ich war ein paar Tage am Boden zerstört und wusste nicht, was ich überhaupt noch essen soll. Dann aber hatte mich schnell der Ehrgeiz gepackt und ich habe die Chance ergriffen, durch eine den Unverträglichkeiten angepasste Ernährung endlich wieder eine höhere Lebensqualität zu erzielen. Ich habe alles gelesen, was ich über Unverträglichkeiten an Literatur finden konnte. Ich habe unseren Haushalt komplett auf glutenfreie Produkte umgestellt, zusätzlich die Küchenschränke, Küchengeräte und das Geschirr gründlich gereinigt, um Kontaminationen mit Gluten zu vermeiden. Ich stand stundenlang im Supermarkt, drehte jede Packung um und studierte die Zutatenlisten, um mir einen Überblick zu verschaffen, was ich von meinem Speiseplan streichen musste. Im nächsten Schritt musste ich Familie und Freunde, also alle, bei denen ich zukünftig zum Essen eingeladen sein würde, einweihen und darüber aufklären, was zu beachten sei. Das war gar nicht so einfach, obwohl mir großes Verständnis entgegengebracht wurde. Trotzdem muss ich noch immer die Augen offen halten, wenn ich zum Essen eingeladen bin. Es bedarf immer etwas Organisation im Voraus, damit auch ich unbeschadet am Essen teilnehmen kann.
Wie entstand die Idee, Ihre Erfahrungen und Rezepte mit anderen in einem Blog zu teilen?
Die Idee, mit meinem Foodblog – Man(n) isst glutenfrei – zu starten, kam mir relativ bald nach meinen Diagnosen. Da ich mich schon seit meiner Jugend sehr für das Kochen und Backen interessiert habe und mich diese Leidenschaft im Laufe meines Lebens nie losließ, hatte ich sehr viel Erfahrung darin gesammelt, die mir jetzt zugute kam. Mein Ziel war es, einen Weg zu finden, mich genussreich trotz der Unverträglichkeiten zu ernähren. Ich wollte nicht akzeptieren, dass es ohne glutenhaltige Produkte nicht möglich ist, schmackhafte Brote und Kuchen zuzubereiten. Mir ging es aber nicht darum, nur wieder einen Muffin essen zu können, sondern um den Genuss dabei. Und diese Reise hin zum vollen Genuss trotz Unverträglichkeiten wollte ich gerne mit anderen teilen. Ich wollte leckere Rezepte mit schönen Fotos, die den Betrachter zum Nachmachen verführen, kombinieren. Und das ist mir gelungen. Ich zeige mit meinem Blog, dass sich der Aufwand lohnt und ein Leben mit Unverträglichkeiten zwar ein Verzicht auf bestimmte Lebensmittel bedeutet, das aber nicht heißt, dass der Genuss dabei auf der Strecke bleiben muss.
Haben Sie einen besonderen Tipp (oder gar mehr) für Menschen, die sich auch gerade mit Nahrungsmittelintoleranzen auseinandersetzen müssen?
Mein erster Tipp wäre, sich die Zeit zu nehmen, sich mit seinen Unverträglichkeiten nach der Diagnose auseinanderzusetzen, sich die Zeit zu geben, sich erst einmal an den Gedanken zu gewöhnen, und auch die Frustration darüber erst einmal zuzulassen. Das ist völlig normal. Doch dann sollte man die Diagnose als Chance auf ein besseres und beschwerdefreieres Leben sehen und nicht nur als Einschränkung, wenn sie das natürlich auch immer wieder mal sein wird. Dann rate ich Menschen mit Unverträglichkeiten, ganz offen damit umzugehen. Familie, Freunde und enge Kollegen müssen informiert und auch geschult werden, damit es nicht zu Missverständnissen oder Konflikten kommt. Wenn ich meine Familie besuche oder von Freunden eingeladen werde, ist es selbstverständlich, sich vorher auszutauschen, was es zu Essen gibt, welche Vorsichtsmaßnahmen wegen Kontaminationen getroffen werden müssen, ob ich vielleicht etwas selbst mitbringen muss oder in welchem Restaurant wir uns verabreden können. Ein weiterer Tipp wäre, sich intensiv mit dem Thema Ernährung mit Unverträglichkeiten auseinanderzusetzen, alle Quellen wie Bücher, Zeitschriften und Blogs zu nutzen, um sich möglichst viel Wissen anzueignen und um geeignete Rezepte zu finden. Der Anschluss an eine Selbsthilfegruppe kann sehr hilfreich sein, wenn Austausch mit Betroffenen gesucht wird, gerade auch für Eltern, die ein Kind mit Unverträglichkeiten haben.