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    “Das Leben, wie es vor der Diagnose war, wird nie wiederkommen.”

    Fotos: Privat

    Als der zehn Monate alte Daniel plötzlich kaum noch atmen konnte, begann für seine Familie ein Albtraum. Die Diagnose dilatative Kardiomyopathie veränderte ihr Leben von Grund auf: Es folgten 976 Tage im Krankenhaus, unzählige emotionale Tiefen und schließlich eine lebensrettende Herztransplantation. Doch das Leben hält weiterhin Herausforderungen bereit. In einem ehrlichen Gespräch erzählt Daniels Mutter von Angst, Hoffnung und der Kraft, die sie durch die Liebe zu ihrem Sohn findet.

    Es ist wichtig, sich kleine Highlights zu setzen. Und wenn es nur ein Telefonat mit einer guten Freundin ist oder ein kurzer Spaziergang. Alles, was einem wieder Kraft gibt, weiterzumachen und durchzuhalten.

    Wie wurde Daniels Diagnose damals gestellt und wie haben Sie und Ihre Familie diese Nachricht aufgenommen?

    Daniel litt wochenlang unter Husten, Schwitzen und Atemnot. Diese Symptome führten bei allen Arztbesuchen immer wieder zur gleichen (Fehl-)Diagnose: Bronchitis. Schlimmer könne es nicht sein, hieß es. Dann, am 23. Oktober 2018, mein Sohn Daniel war gerade zehn Monate alt, verschlechterte sich sein Zustand rapide. Er lag kreidebleich in seinem Bett und reagierte nicht auf sein Fläschchen. Wir fuhren sofort mit ihm in die Notaufnahme. Dort erhielten wir die Schockdiagnose: dilatative Kardiomyopathie, die eine Herztransplantation nach sich zieht. An diesem Tag betrug seine Herzleistung nur noch 10 %. Das war Rettung in letzter Sekunde. Wir wurden sofort mit dem Hubschrauber in eine Spezialklinik nach München geflogen. Es war der schlimmste Tag meines Lebens. Damals wusste ich noch nicht, dass wir 976 Tage dort bleiben würden.

    Was waren die größten Herausforderungen und Emotionen in den 940 Tagen im Krankenhaus?

    Alle Emotionen, die man sich vorstellen kann. Die ersten Monate habe ich quasi unter einer Glocke gelebt. Ich war mit meinem Mann und Daniel völlig abgeschirmt. Die Welt draußen drehte sich weiter, aber unsere stand still. Jeden Tag um das Überleben des eigenen Kindes zu bangen, bringt einen an seine Grenzen. Die Tage schienen endlos. Ohne zu wissen, was auf uns zukommt, hoffte ich einfach jeden Tag, dass der Albtraum ein Ende hat. Ohne die Hilfe von Familie und Freunden hätten wir diesen Weg nicht so gut gemeistert. Ich begann meine Erlebnisse über die sozialen Medien Facebook und Instagram mit der Öffentlichkeit zu teilen.

    Meine Mission war es, die Menschen aufzuklären. Immer in der Hoffnung, dass ein Mensch in seiner schwersten Stunde die für uns richtige Entscheidung trifft und die Organe seines verstorbenen Kindes spendet.

    Wie hat sich das Leben Ihrer Familie durch die Transplantation und die gemeinsame Zeit im Krankenhaus verändert?

    Das Leben, wie es vor der Diagnose war, wird nie wiederkommen. Das war mir vom ersten Tag an klar. Die Unbeschwertheit ist weg. Aber ich habe gelernt, damit zu leben. Ich helfe nicht nur anderen, sondern auch mir selbst. Immer und immer wieder. Ich arbeite die Dinge auf, die ich erlebt habe. Das ist wichtig. Ich genieße auch jeden Tag die ganz normalen Dinge. Den ersten Kaffee am Morgen, wenn die Sonne durch die Wolken scheint, wenn mein Kind einfach von einem in das andere Zimmer ohne Maschine an die es operiert ist laufen kann, in Ruhe zuhause zu leben ohne das jeden Tag ein Dutzend Menschen in das Zimmer kommen, Daniels Lachen. Ich halte mit jeden Tag solche Dinge vors Auge und bin einfach nur dankbar das mein Kind leben darf. 

    Wie geht es Daniel heute mit seinem neuen Herzen?

    Daniel geht es sehr gut mit seinem neuen Herzen. Ich schaue ihn an und denke oft: Es ist ein Wunder. Wir werden der Spenderfamilie bis an unser Lebensende dankbar sein. Leider haben wir eine weitere schwere Diagnose erhalten: Autismus. Die nächste Hürde, die wir nehmen müssen. Aber wir haben schon so viel geschafft, wir lassen uns durch nichts unterkriegen. Wir machen weiter.

    Was würden Sie anderen Eltern, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, raten?

    Ich stehe auch heute noch Eltern zur Seite, die diesen oder einen anderen schweren Weg mit ihren Kindern gehen müssen. Über meine Social-Media-Kanäle suchen Eltern oft Rat bei mir oder hoffen auf ein offenes Ohr. Ich kann immer nur sagen, dass man die Hoffnung nie aufgeben darf. Ich habe versucht, Daniel nie den Ernst der Lage spüren zu lassen. Ich habe weiterhin viel mit ihm gelacht und gespielt. Meine Trauer und meine Ängste habe ich abends rausgelassen. Es ist auch wichtig, sich kleine Highlights zu setzen. Und wenn es nur ein Telefonat mit einer guten Freundin ist oder ein kurzer Spaziergang. Alles, was einem wieder Kraft gibt, weiterzumachen und durchzuhalten.

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