Prof. Dr. Andreas Böning leitet seit 2007 den Lehrstuhl für Herz-, Kinderherz- und Gefäßchirurgie an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen experimentell in der Kardioplegie-Forschung und klinisch in der Durchführung internationaler multizentrischer Studien. Seit 2018 ist er auch Ärztlicher Direktor am UKGM Gießen und Marburg und seit 2021 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e. V.
Prof. Dr. Andreas Böning
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e. V.
Vorhofflimmern und Schlaganfall
Der Rhythmusgeber des Herzens ist der sogenannte Sinusknoten. Dieser löst im rechten Herzvorhof durch ein elektrisches Signal, das an die Herzkammern weitergeleitet wird, den Herzschlag aus. Das Vorhofflimmern ist eine Herzrhythmusstörung, die durch Muskelzellen im linken Herzvorhof oder in den Lungenvenen entsteht. Diese Zellen verursachen durch eine gesteigerte elektrische Aktivität rasche und unkontrollierte Bewegungen des Vorhofes, und sind somit verantwortlich für einen unregelmäßigen Herzschlag. Eine normale Herzfrequenz liegt bei 60-100 Schlägen pro Minute, während das Vorhofflimmern die Frequenz des Vorhofes auf 350-600 Schläge pro Minute steigert. Glücklicherweise werden nicht alle Vorhoferregungen dann auf die Herzkammer übergeleitet, trotzdem gerät das Herz außer Takt. Vorhofflimmern geht einher mit vielfältigen Ursachen wie weiteren Herzerkrankungen, kann aber beispielsweise auch durch eine Schilddrüsenerkrankung, Alkohol, Stress oder Diabetes Mellitus ausgelöst werden. Ebenso spielt das Alter eine Rolle: 5-8 Prozent der über 70-Jährigen und 10- 12 Prozent der über 80-Jährigen sind betroffen. Durch die unkontrollierten elektrischen Impulse kommt es in den Vorhöfen zu gestörten Blutströmungen.
Blutgerinnsel, sogenannte Thromben, können sich insbesondere im linken Vorhofsohr bilden. Gelangt der Thrombus über die Blutbahn ins Gehirn, löst er einen Schlaganfall aus. Etwa jeder fünfte Schlaganfall ist auf ein Vorhofflimmern zurückzuführen. Für die Behandlung eines Vorhofflimmerns stehen verschiedene Therapien und Verfahren (Medikamente, Katheter, Operation) zur Verfügung. Eine herzchirurgische Behandlung des Vorhofflimmerns erfolgt fast immer als Kombinationseingriff, also wenn das Herz (häufig wegen einer undichten Mitralklappe) operiert werden muss und die Ursache des Vorhofflimmerns innerhalb dieser Operation mit behandelt wird.
Vorhofflimmern und Herzoperation: Blutverdünner vor OP absetzen
Patientinnen und Patienten mit Diagnose Vorhofflimmern sollten vor einer geplanten Herzoperation beachten, dass sie die blutverdünnenden Medikamente rechtzeitig absetzen:
- Marcumar ca. 4-5 Tage vor der Operation
- Direkte orale Antikoagulantien, z.B. Xarelto, Eliquis, Pradaxa, Lixiana): ca. 1-2 Tage vor der Operation
- Wiedereinnahme 2-3 Tage nach der Operation Die Ab- und Rücksprache mit dem Hausarzt und dem Operateur ist erforderlich.
Die Ab- und Rücksprache mit dem Hausarzt und dem Operateur ist erforderlich.
Amputation des linken Vorhofohrs und Vorhofablation: Minimierung Schlaganfallrisiko
Beim Vorhofflimmern entstehen Thromben hauptsächlich in der Aussackung des linken Herzvorhofes, dem Vorhofohr. Bei einem geplanten herzchirurgischen Eingriff wird daher dieses amputiert, um das Schlaganfallrisiko zu minieren. Während des herzchirurgischen Eingriffs wird zudem die chirurgische Ablation durchgeführt, bei der die Herzvorhöfe mittels kontrollierter Energieeinwirkung (Kälte oder Wärme) verödet werden, so dass keine elektrischen Erregungen mehr ausgelöst werden können, die ein Vorhofflimmern initiieren.
Herzchirurgische Ablation
- dauert nur wenige Minuten
- birgt keine Nachteile oder Komplikationen
- Erfolgsquote liegt bei Paroxysmalem Vorhofflimmern bei ca. 90 Prozent
- Erfolgsquote bei Persistierendem Vorhofflimmern bei ca.60 bis 70 Prozent.
- In den USA und anderen EU-Ländern werden herzchirurgische Ablationstherapie auch als alleinige Operation durch- geführt.
Die Smartwatch als digitale Überwachungshilfe
Smartwatches sind digitale Überwacher und können Episoden des Vorhofflimmerns erkennen, dies auch über einen längeren Zeitraum und nicht „nur“ temporär wie ein 24h-EKG. Als Support sind sie zu verstehen, nicht als Diagnosen oder Therapieersatz.
Gesunder Lebenswandel und das Glas Rotwein…
Risikofaktoren für Vorhofflimmern sind neben anderen Faktoren auch ein ungesunder Lebenswandel (Bewegungsmangel, Nikotin, Alkohol, Stress etc.). In Hinblick auf das als gesund geltende Glas Rotwein hat sich gezeigt: In punkto Arteriosklerose wirkt dieses zwar positiv, also gegen Verkalkung der Blutgefäße, erhöht aber gleichzeitig das Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken.