Von einer Hashimoto-Thyreoiditis, einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, sind etwa zwei Prozent der Bevölkerung betroffen. Wir sprachen mit Prof. Dr. Joachim Feldkamp, Chefarzt der Universitätsklinik für Endokrinologie und Diabetologie, Allgemeine Innere Medizin, Infektiologie am Klinikum Bielefeld Mitte und Autor des Buches „Gut leben mit Hashimoto“, über Symptome und Therapien.
Prof. Dr. med. Joachim Feldkamp
Chefarzt der Universitätsklinik für Endokrinologie und
Diabetologie, Allgemeine Innere Medizin, Infektiologie
am Klinikum Bielefeld Mitte
Herr Prof. Feldkamp, Sie haben sich unter anderem auf die Hashimoto-Thyreoiditis spezialisiert, eine Autoimmunerkrankung, die eine Schilddrüsenunterfunktion zur Folge hat. Was macht diese Erkrankung besonders und was ist bei Diagnose und Therapie besonders wichtig?
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung, die man an erhöhten Antikörpern gegen thyreoidale Peroxidase (TPO-AK) und Antikörpern gegen Thyreoglobulin (Tg-AK) erkennt. Sie betrifft etwa zwei Prozent der Bevölkerung. Interessanterweise sind Frauen zehnmal häufiger betroffen als Männer. Die genaue Ursache der Hashimoto-Thyreoiditis ist bislang unbekannt. Genetische und Umweltfaktoren können eine Rolle spielen.
In etwa sieben Prozent der Fälle in Deutschland tritt eine Hashimoto-Thyreoiditis innerhalb eines Jahres nach einer Geburt auf, dies wird Postpartum-Thyreoiditis genannt. Wenn eine Frau nach der Geburt unruhig wird, schlecht schläft und eine Stimmungsveränderung feststellt, muss es kein „Babyblues“ sein, es kann auch an der Schilddrüse liegen.
Ein Arzt wird gemeinsam mit den Patient:innen ermitteln, in welcher Dosis Schilddrüsenhormone nötig sind. Das ist individuell verschieden, manche brauchen etwas weniger, andere fühlen sich mit der gleichen Dosis und vergleichbaren Parametern vielleicht immer noch müde und brauchen mehr Hormon.
Mit zunehmendem Lebensalter wird die Krankheit häufiger. Nicht immer ist die Schilddrüse vergrößert, bei einigen Patient:innen ist sie normal groß. Bei anderen wird die Schilddrüse immer kleiner, bis sie fast verschwindet. Es kommt auch vor, dass die Schilddrüsenhormone bei einem normalen Wert liegen und die Patient:innen keine Schilddrüsenhormone einnehmen müssen. Man sollte das einmal im Jahr kontrollieren, weil das Risiko, eine Unterfunktion zu entwickeln, bei diesen Patient:innen höher ist.
Sie engagieren sich unter anderem in der Expertensprechstunde im Forum Schilddrüse (www.forum-schilddruese.de). Warum ist es so wichtig, dass Betroffene ihre Erkrankung kennen und gut darüber informiert sind?
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine häufige Störung, die oft auch in Verbindung mit anderen Autoimmunerkrankungen auftreten kann. Das kann zum Beispiel die Erkrankung Vitiligo sein, bei der die Haut weiße Flecken zeigt, die nicht mehr pigmentiert sind. Man muss diese Stellen gut vor der Sonne schützen. Eine häufigere Störung ist auch ein Vitamin-B12-Mangel. Vitamin B12 ist für die Nervenfunktion und die Blutbildung wichtig. Etwa zwei Prozent der Patient:innen mit Hashimoto-Thyreoiditis entwickeln eine Zöliakie, eine Glutenunverträglichkeit, die sich meist mit Durchfall, Bauchschmerzen und auch Leistungsverlust äußert. Ebenfalls selten möglich ist ein Typ-1-Diabetes oder ein Morbus Addison, eine Erkrankung mit Störung der körpereigenen Cortisonproduktion, durch die sich die Haut dunkel färbt wie nach dem Sonnenbaden.
Kann sich eine Hashimoto-Thyreoiditis wieder zurückbilden?
Ja, auch das kommt vor. Bei Erwachsenen allerdings seltener als bei Kindern. Es hängt auch davon ab, wie viel Schilddrüsengewebe noch da ist und wie stark ausgeprägt die Hashimoto-Thyreoiditis war oder ist.
Ratgeber Hashimoto-Thyreoiditis
Im Servicebereich der Informationswebsite www.forum-schilddruese.de finden Betroffene eine umfangreiche Patientenbroschüre zur Hashimoto-Thyreoiditis, die zur Entstehung der Erkrankung und den Behandlungsmöglichkeiten informiert.
MAT-DE-2204801-1.0-11/2022