Vor zwei Jahren erhielt die Tuberkulose- und Lepraärztin Dr. Christine Schmotzer das Bundesverdienstkreuz. Im Interview spricht sie über die Erkrankung Tuberkulose (TB) und darüber,
warum Armut und TB eine unheilvolle Wechselwirkung haben.
Hallo Frau Dr. Schmotzer, Grüße nach Pakistan, wo TB noch eine große Rolle spielt. Was ist Tuberkulose und um was für eine Krankheit handelt es sich dabei?
Das ist ein Bakterium, ein Erreger, der sich sehr leicht verbreitet und die Menschen befällt, normalerweise als Tröpfcheninfektion. Mit TB steckt man sich immer von anderen Menschen, gelegentlich auch mal von Tieren an. In einem Land, in dem es viele TB-Patienten gibt, die nicht oder nicht richtig behandelt werden, hat im Prinzip jeder Mensch ein Risiko, dass er sich auch an Tuberkulose ansteckt.
Was ist der Hintergrund dazu, dass nicht ausreichend Behandlungen durchgeführt werden?
Das hat verschiedene Gründe. Einmal ist es so, dass der Zugang zur Gesundheitsversorgung, zum Beispiel in den Dörfern, fehlt. Wo ist der nächste Gesundheitsposten? Wo kann man zum Beispiel die nötigen Labortests machen? Für die Tuberkulose muss man ja Auswurf untersuchen. Ein klassisches Beispiel ist im Sommer, in der Monsunzeit, wenn es also regnet, wenn es Überschwemmungen gibt, dass dann in bestimmten Dörfern entschieden wird, solange das Wasser nicht weg ist, können wir nicht in die Stadt zum Arzt fahren. Hinzu kommt, dass viele Menschen Prioritäten setzen müssen: Wofür gebe ich mein Geld aus? Und es ist natürlich klar in einer Familie, dass die Versorgung mit Lebensmitteln das allerwichtigste ist, jeder muss was essen.
Da sieht man eben, dass Armut und Tuberkulose eine sehr unheilvolle Wechselbeziehung miteinander eingehen. Es gibt aber ja noch mehr tückische Herausforderungen im Umfeld der Tuberkulose, ein Begriff ist das Stichwort Medikamentenresistenzen. Was steckt dahinter?
Ja, es ist leider so, dass Tuberkulose nicht isoliert vorkommt. Sondern die Tuberkulose hat so klassische Verbindungen, einmal zu anderen Krankheiten und dann natürlich die Frage der Antibiotikaresistenzen. Vielleicht zuerst zu den anderen Krankheiten. Es sind vor allem zwei, die im Zusammenhang mit Tuberkulose eine große Rolle spielen: Diabetes und HIV. Jemand, der zuckerkrank und/oder HIV-positiv ist, hat ein wesentlich höheres Risiko, an Tuberkulose zu erkranken, weil die Abwehr des Körpers geschwächt ist und damit der Tuberkuloseerreger aktiv werden kann. Das bringt uns zu dem anderen Thema. Man hört ja heutzutage überall, es ist ein Problem weltweit, dass es bei den Infektionskrankheiten immer mehr Resistenzen gegen viele Antibiotika gibt. Das ist bei manchen Krankheiten kein großes Problem, weil es eben noch viele andere Antibiotika auf dem Markt gibt. Bei Tuberkulose ist das ein echtes Problem, weil es sowieso nur sehr wenige Antibiotika gibt, die überhaupt gegen den Tuberkuloseerreger wirken. Derzeit gibt es rund 15.000 Fälle im Land, die sich so eine multiresistente Tuberkulose holen.
5 Fakten zu Tuberkulose
➤ Tuberkulose ist eine ansteckende Lungenerkrankung, die durch Bakterien verursacht wird.
➤ Weltweit erkranken jährlich etwa neun Millionen Menschen, 1,5 Millionen versterben daran.
➤ In Deutschland ist die Erkrankung mit etwa 4.200 gemeldeten Fällen (2020) eher selten.
➤ Unbehandelt führt die Erkrankung in sieben von zehn Fällen zum Tod.
➤ Durch Antibiotika ist die Erkrankung aber gut therapierbar, vorausgesetzt, die Medikamente werden zuverlässig eingenommen.