Univ.-Prof. Dr. med. Andrea Meurer
Ärztliche Direktorin, Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim
Ein neues Gelenk ist auf den ersten Blick ein Einschnitt in den bis dato gekannten Alltag. Auf was es ankommt, um schnell wieder mitten im Leben zu stehen, erklärt Univ.-Prof. Dr. med. Andrea Meurer im Interview.
Auf was sollten Patienten achten, die ein künstliches Gelenk benötigen?
Das Wichtigste ist, dass Betroffene sich in einer Einrichtung behandeln lassen, in der große Expertise vorhanden ist. Ein Operateur, der solche OPs nur fünfmal im Jahr macht, ist definitiv nicht der richtige Ansprechpartner. Hier sollten Patienten auf Zertifizierungen achten, die belegen, dass ein Operateur weiß, was er tut. Zudem sollte der Patient vor der Operation sicherstellen, dass er gesund ist. Infekte, eingewachsene Nägel, Zahnprobleme – all das ist kontraproduktiv für das Ergebnis.
Warum?
Überall dort lauern Bakterien, und diese sind dann auch in der Blutbahn unterwegs. Im schlimmsten Fall setzen sich die Bakterien auf der Prothese fest und führen zu einem Protheseninfekt. Besonders die Zähne sind häufig ein Grund für solch einen Infekt. Wir raten daher all unseren Patienten, sich vor dem Eingriff noch einmal durchchecken zu lassen.
Endoprothetik bedeutet Präzision: Häufig entscheiden bei der Operation Millimeter darüber, ob der Patient schnell wieder zurück ins Leben findet. Welche Rolle spielt die Routine des Operateurs?
Eine ganz gewaltige. In dem Augenblick, in dem ich etwas immer und immer wieder tue, erlange ich im positiven Sinn eine Routine. Ich operiere seit 30 Jahren und weiß, man ist so gut, wie es die eigenen Hände sind. Wer oft operiert, behandelt die Weichteile sicher, hat weniger Blutungen, braucht kleinere Schnitte und kann die Muskulatur stärker schonen.
Wie schnell sind Patienten wieder fit, und müssen sie nach dem Eingriff mit Einschränkungen rechnen?
Es gibt kein Schema für jeden Patienten. Konstrukte wie „hip in a day“ halte ich für sehr gefährlich, da sie einen operativen Eingriff banalisieren. Ältere und kränkere Menschen haben einen anderen Erholungszyklus. Sie verlassen unsere Station nach physiotherapeutischer Begleitung aber auch nach fünf Tagen. Genau wie der sportliche Mittfünfziger, der am Tag des Eingriffs schon aufsteht. Samt ambulanter oder stationärer Reha – je nach Eingriff – ist meist nach vier bis sechs Wochen alles geschafft.
Ich bin der Überzeugung, mit einer Endoprothese ist prinzipiell alles möglich. Alltagsaktivitäten müssen gehen. Fahrradfahren, Schwimmen und Ski-Langlauf sind die empfohlenen Sportarten. Der sportliche Anspruch mancher Patienten ist individuell. Unser Ziel ist es, mit dem künstlichen Gelenk die bestmögliche Lebensqualität zu sichern.
Zertifiziertes EndoProthetikZentrum der Maximalversorgung – was bedeutet das genau?
Dieses Zertifikat ist von der Fachgesellschaft und stellt sicher, dass eine qualitativ hochwertige Versorgung durch ausgewiesene Experten angeboten wird. Es ist wie ein TÜV-Siegel, das Kliniken hinsichtlich der Patientenversorgung nach strukturellen und qualitativen Kriterien im Bereich Endoprothetik bewertet. Jeder geprüfte Hauptoperateur muss jährlich mindestens 50 Prothesen implantieren, ich als zertifizierte Senioroperateurin 100. Jedes Röntgenbild müssen wir nach der OP detailliert auswerten und nachweisen, dass die Prothese optimal eingebracht wurde. OP-Zeiten werden genauso bewertet wie Komplikationsstatistiken und der Einsatz der Physiotherapeuten. Zudem werden Patientenakten geprüft. Jedes Jahr, seit 2012, wurden wir erfolgreich neu zertifiziert.
Welche Behandlungen bieten Sie mit Ihrem hoch qualifizierten Team an?
Wir sind eine der führenden Kliniken für jedes Alter, jede Lebenslage, bei jeder anatomischen Situation. Wir decken das gesamte Spektrum ab und sichern unseren Patienten eine qualitativ hochwertige Behandlung. Wir verfügen über die nötige Erfahrung auf allen verschiedenen Zugangswegen, die es gibt, minimalinvasiv zu operieren. Wir nehmen auch Eingriffe vor der Prothese vor, implantieren künstliche Gelenke und führen Tumor- und Wechseloperationen durch. Die Revisionsendoprothetik, einer unserer Schwerpunkte, erfordert ein hohes Maß an Können und Routine. Endoprothetik ist bei uns keine Fließbandarbeit, sie ist im positiven Sinne standardisiert. Dadurch operieren wir schneller, die Zugänge werden kleiner, wir arbeiten muskelschonender und passen dabei unsere Vorgehensweise immer individuell an jeden Patienten an.