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    Hormonsystem und Gesundheit: Erkennen, Verstehen, Behandeln

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    Das Hormonsystem steuert viele lebenswichtige Funktionen in unserem Körper. Wenn es zu Störungen kommt, können Erkrankungen wie Adipositas oder Schilddrüsen-Autoimmunerkrankungen entstehen, die weitreichende Folgen für unsere Gesundheit haben. In dieser Beilage erfahren Sie, welche Rolle hormonelle Dysbalancen spielen, wie sie erkannt und behandelt werden können und warum neue Therapien Hoffnung für Betroffene bieten. Entdecken Sie, wie moderne Endokrinologie heute interdisziplinär arbeitet und den Weg zu einer gezielten Präzisionsmedizin der Zukunft ebnet.

    Frau Univ.-Prof. Dr. Dr.med. Dagmar Führer-Sakel

    Direktorin Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel am Universitätsklinikum Essen

    Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse sind nicht nur häufig, sondern können auch sehr vielgestaltig sein.

    Liebe Leserinnen und Leser, in dieser Kampagne erfahren Sie aus Betroffenensicht, wie sehr Störungen im Hormonsystem unser Leben beeinflussen können und wie wichtig es daher ist, sie rechtzeitig zu erkennen und richtig zu behandeln.

    “Adipositas” und “Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse” sind häufige Erkrankungen in der Normalbevölkerung. Eine Adipositas, definiert als BMI > 30 liegt bei etwa 20% der Erwachsenen in Deutschland vor. Seit 4 Jahren gilt sie als anerkannte chronische Krankheit. Ursache ist eine komplexe Störung im hormonellen Regelkreis, der unseren Energiehaushalt reguliert, mit der Folge einer Imbalance zwischen Energiezufuhr und Energieumsatz. Inzwischen kennen wir maßgebliche molekulare Mechanismen der Adipositas, allen voran Darm-Hormone, welche auf Appetit- und Sättigungszentren im Gehirn einwirken. In diesen Regelkreis greifen die nun zur Verfügung stehenden Adipositastherapien ein: Zum einen die bariatrische Chirurgie und zum anderen medikamentöse Therapien, basierend auf GLP-1, dem im Darm gebildeten Inkretinhormon und dessen Weiterentwicklung (z. B. Twinkretine und Triagonisten). Durch die Hormontherapie ist seit kurzem erstmals eine Reduktion des Körpergewichts um bis zu 25% möglich mit belegtem Nutzen für Folgeerkrankungen wie Diabetes, Herz- und Nierenschwäche, Fettleber, Schlafapnoesyndrom. Für die schon länger etablierte Adipositaschirurgie ist sogar ein verbessertes Langzeitüberleben gesichert.

    “Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse” sind nicht nur häufig, sondern können auch sehr vielgestaltig sein. Etwa 5-10% aller Frauen im reproduktionsfähigen Alter weisen Zeichen einer Schilddrüsenautoimmunität auf. Das bedeutet aber nicht, dass sie krank sind oder es werden müssen. Kommt es hingegen zu einer Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse, können praktisch alle Körperfunktionen beeinträchtig sein. Die gute Nachricht: Schilddrüsenfunktionsstörungen lassen sich zuverlässig feststellen, und die damit einhergehenden Beschwerden sind auch vollständig reversibel, sobald die Schilddrüsenfunktion wiederhergestellt ist. Darüber hinaus gibt es bei einem Teil der Patienten aber auch unklare Beschwerden, die uns Ärzte vor Herausforderungen stellen, weil sie nicht durch eine Funktionsstörung erklärt werden können. Hier liegt es nahe, den “Autoimmunprozess an sich als Übeltäter zu benennen”, wissenschaftlich belegt ist dies bis heute allerdings nicht. Selten können auch andere Organe von dem Immunprozess betroffen sein, z. B. die Nebenniere oder die Bauchspeicheldrüse. Auch daran muß man bei entsprechenden Beschwerden denken.

    Störungen im “Endokrinium”, dem Hormonsystem, liegen auch weiteren Volkskrankheiten wie Osteoporose und Diabetes mellitus sowie Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen zugrunde. Hinzukommen erworbene oder angeborene seltene Störung der Hormonproduktion oder Hormonwirkung im Körper durch Immunprozesse, Tumoren, genetische Veränderungen oder exogene Faktoren, bspw. endokrine Disruptoren. Für alle diese Fragestellungen ist die Endokrinologie als Teilgebiet der Inneren Medizin zuständig bzw. bei Kindern die pädiatrische Endokrinologie. Sie betreibt eine interdisziplinär ausgerichtete Systemmedizin, die Klinik, Labormedizin, Genetik, Bildgebung, Pathologie und digitale Tools ebenso integriert wie vielfältige internistische, chirurgische und nuklearmedizinische Behandlungskonzepte. Dabei stehen die neuen zielgerichteten Hormontherapien für den Paradigmenwechsel und die Endokrine Präzisionsmedizin der Zukunft.

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