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    Mukoviszidose: Zeit wurde mein kostbarstes Gut.

    Foto: © Maria Gibert

    Eine seltene, genetisch bedingte und nicht heilbare Erkrankung, die mich wie ein Rucksack voller Überraschungen seit meiner Geburt begleitet.

    Nach einer Ärzteodyssee und traumatischen Krankenhausaufenthalten erfuhren meine Eltern von der Diagnose Mukoviszidose als ich fünf Jahre alt war. Ich sollte damit höchstens zehn werden, so die Prognose. Warum ich so viele Tabletten nehmen und Therapien und Arztbesuche über mich ergehen lassen musste, erklärte mir leider niemand. Ich konnte es deshalb nicht einordnen – ich fühlte mich immer anders und nie dazugehörig.

    Erst mit 13 erfuhr ich durch einen Zufall von der Diagnose Mukoviszidose und bekam Angst, denn statistisch hätte ich ja schon tot sein sollen. Mein gesamtes Leben geriet aus den Fugen. Ich fühlte mich meiner Krankheit ausgeliefert und um meine Zukunft betrogen. Mein Leben sollte doch erst beginnen und Kinder sterben auch nicht vor ihren Eltern. Es fühlte sich alles total falsch an. Zeit wurde mein kostbarstes Gut. Ich beschloss, jetzt richtig viel zu leben und entdeckte das Tanzen für mich. Hier konnte ich all meine Ängste und Wut raus lassen. Als mit 18 der insulinpflichtige Diabetes hinzukam, fiel ich in ein tiefes Loch. Mein Blutzucker schwankt bis heute unkalkulierbar, aber der Tanz half mir erneut aus der Krise. Ich fasste wieder Mut, weiterzuleben. Mit 37 packte ich eine weitere Überraschung aus meinem Rucksack. Meine beidseitige Hochtonschwerhörigkeit, aufgrund dessen ich Hörgeräte tragen muss.

    Drei Krankheiten zu haben, die alle nicht heilbar sind, ist auch aufgrund der Vielzahl der Therapien zeitaufwändig und kraftraubend. Aber unterkriegen lasse ich mich davon nicht. Ich bin eine über die Grenzen Seglerin. Für mich sind Grenzen dazu da, sie auszutesten, denn ansonsten weiß ich ja nicht, wo sie sind. So habe ich beispielweise nach meiner Ausbildung in der Behörde eine Ausbildung zur Tanzpädagogin absolviert und mein Hobby kurzerhand zum Beruf gemacht. Letztlich bremste mich die Mukoviszidose zwar wieder aus und ich kehrte in die Behörde zurück, aber ich habe immerhin ein paar Jahre meinen Traum gelebt. Diese erfahrungsreiche Zeit möchte ich keinen einzigen Tag missen.

    Foto: © Maria Gibert

    Insgesamt betrachtet war es ein langer Weg, die Krankheiten zu akzeptieren und dieses Leben mit allem Drum und Dran anzunehmen. Immer wieder müssen Wünsche zurückgestellt werden, da der Körper gerade ganz andere Bedürfnisse hat und einfach “Nein“ sagt.

    Mit diesen Krankheiten zu leben, bedeutet ein hohes Maß an Disziplin, Eigenverantwortung, Akzeptanz und die Fähigkeit zur Resilienz.

    Es ist ein Kampf, den man durchaus verlieren kann. Aber wenn mich die Mukoviszidose eines gelehrt hat, dann mutig und zielstrebig für die eigenen Wünsche und Ziele zu kämpfen, mich an den kleinen Dingen und Momenten zu erfreuen und meine kostbare Lebenszeit zu genießen. Also umarme ich mein Leben so wie es ist. Meine Krankheiten definieren mich ja nicht als Mensch.

    Fünf Fakten über Mukoviszidose

    1 Mukoviszidose, auch Cystische Fibrose (CF) genannt, ist eine angeborene seltene Stoffwechselerkrankung, bei der zäher Schleim in den Zellen entsteht, und lebenswichtige Organe nach und nach verstopft.
    2 In Deutschland sind mehr als 8.000 Menschen betroffen.
    3 Symptome der Atemwege stehen bei den meisten Betroffenen im Vordergrund. Da sich der zähe Schleim nicht leicht abhusten lässt, verstopft er die Atemwege. Dadurch entsteht Husten, die Atmung ist erschwert, es kommt zu wiederkehrenden Infekten und Lungenentzündungen.
    4 Wiederholte Infektionen mit Bakterien, Viren oder Pilzen können die Lungenfunktion bei Mukoviszidose erheblich verschlechtern, insbesondere, wenn sie chronisch verlaufen. Patienten können das Risiko einer Ansteckung durch allgemeine Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen oder die Vermeidung von Menschenansammlungen in der Erkältungszeit deutlich reduzieren.
    5 In den vergangenen Jahren ist die Lebenserwartung von Patienten mit Mukoviszidose durch neuartige Therapieansätze sukzessive gestiegen

    Mukoviszidose e. V

    Simona engagiert sich seit ihrem 18. Lebensjahr ehrenamtlich für Mukoviszidose-Betroffene. Für die Website des Mukoviszidose e. V. schreibt sie regelmäßig Blog-Artikel.
    Auf ihrem Instagram-Kanal informiert sie über ihr Leben als chronisch Kranke.

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