Die Prostata – was für ein Organ! Kaum jemand weiß, wo diese Drüse liegt und wozu sie gut ist. Ich verrate es Ihnen: Die Prostata produziert ein Sekret, welches den Samenzellen Fruchtzucker als Nahrung sowie wichtige Enzyme und Mineralstoffe liefert.
Dr. Christoph Pies
Buchautor und Urologe
Ohne das Sekret der Vorsteherdrüse könnten sich die Samenzellen nicht fortbewegen. Das heißt also, wir benötigen die Prostata eigentlich nur in der Phase unseres Lebens, in der wir uns fortpflanzen möchten. Danach könnte sie sich also eigentlich zurückbilden, müsste man denken.
Aber was passiert? Oftmals genau das Gegenteil. Kaum ist sie Ihrer Funktion enthoben, fühlt sie sich offenbar vernachlässigt und macht sich mit zunehmendem Alter durch Größenwachstum, bösartige Veränderung oder Entzündung auf sich aufmerksam. Aber damit nicht genug. Weitere Probleme bereitet ihre Lage. Sie liegt tief im kleinen Becken, über dem Beckenboden, hinter dem Schambein, unter der Harnblase, vor dem Enddarm und umschließt dann auch noch ringförmig die Harnröhre. Nehmen Sie einen kleinen Trichter und legen Sie eine Kastanie hinein, dann bekommen Sie schon einen ganz guten Eindruck von Lage und Funktion. Die Nähe zur Dammregion zwischen Hodensack und After macht sie anfällig für Nässe und Kälte oder auch mechanische Irritationen wie z. B. durch Fahrradfahren. Und für Bakterien, die die Harnröhre hochwandern, ist sie eine willkommene erste Raststation.
In Deutschland haben etwa 40 % von den 12 Mio. Männern über 50 Jahre behandlungsbedürftige Beschwerden des unteren Harntrakts, meist prostatabedingt. Eine gutartige Vergrößerung ist nur behandlungsbedürftig, wenn die Prostata die Harnröhre einengt und es zu Problemen bei der Blasenentleerung kommt. In der Folge kann es zu Restharnbildung, Blasenentzündung und Nierenstau kommen. Neben pflanzlichen Mitteln kann man die Prostata medikamentös öffnen (sog. Alphablocker) oder durch ein Medikament, das in den Testosteron-Haushalt eingreift, langfristig verkleinern. Wenn eine Operation unumgänglich wird, erfolgt meist eine Verkleinerung der Prostata durch die Harnröhre durch eine elektrothermische „Abhobelung“ oder verschiedene Laserverfahren. Bei sehr großen Drüsen muss auch gelegentlich eine Schnittoperation gemacht werden.
Ganz anders sieht es aus, wenn bösartige Zellen dahinterstecken. In Deutschland besteht für jeden Mann ein Lebenszeitrisiko von 18 % an Prostatakrebs zu erkranken, und immerhin von 3 %, daran zu versterben. Bei Neuerkrankungen ist jeder vierte Krebs bei Männern ein Prostatakrebs und jeder zehnte krebsbedingte Todesfall prostatisch. Hinzu kommt, dass sich bei vielen verstorbenen Männern Prostatakrebs finden lässt, der zu Lebzeiten nicht auffällig geworden war und das Leben der Betroffenen nicht beeinflusst hatte. Das Vorhandensein dieses sogenannten „latenten“ Prostatakarzinoms steigt mit dem Alter an auf Werte von bis zu 60 % bei über 80-Jährigen.
Das Problem für den Urologen liegt also darin, für eine bösartige Erkrankung je nach Aggressivität des Tumors, Alter und Zustand des Patienten das richtige Behandlungsverfahren anzubieten. Hier reicht das Spektrum von „aktiver Überwachung“ über sehr viele verschiedene Operationsverfahren bis hin zu Bestrahlungsverfahren von innen und außen. Sehr alte Patienten und fortgeschrittene Erkrankungen werden medikamentös behandelt. Hierzu stehen verschiedene Hormontherapien, Chemotherapien und neue medikamentöse Ansätze zur Verfügung.
Meine abschließende Empfehlung: Jeder Mann ab 45 sollte regelmäßig seine Prostata untersuchen lassen, denn – egal ob gutartig oder bösartig – bei frühzeitiger Diagnose kann fast jedem Mann geholfen werden!
Buchtipp
FOKUS PROSTATA
Pies, Christoph
Herbig Verlag, 2021
128 Seiten
ISBN: 978-3-96859-027-1
14,00 EUR
PODCAST PINKELPAUSE
In „Pinkelpause“ dreht sich alles um das Geschehen unterhalb der Gürtellinie. Tabuthemen wie Potenzstörungen, der erste Besuch beim Urologen, Penisgröße oder Sexualtechniken werden ebenso behandelt wie häufige Krankheiten an Nieren, Prostata, Hoden oder Harnblase.
Buchautor und Urologe Dr. Christoph Pies gibt gemeinsam mit Fernseh- und Radiomoderator Jochen Dominicus einmal pro Woche (immer sonntags) außergewöhnlich unterhaltsame Einblicke in die Welt der Urologie und Männergesundheit. Mal locker, lustig und naiv, mal ernst und ermahnend. Alle Facetten dieses vielseitigen und brisanten Fachgebietes der Medizin werden beleuchtet. Männlein, Weiblein, Jung und Alt – alle kommen so auf ihre Kosten, versprochen! Denn es ist viel los jenseits der Gürtellinie. Und im Laufe des Lebens muss fast jeder mal zum Urologen.