Wenn das Zittern einfache Tätigkeiten unmöglich macht, kann der Alltag zur Belastung werden. Für Patienten mit essenziellem Tremor (ET) oder Tremor-dominanter Parkinson-Erkrankung (PD) bedeutet dies in der Regel eine erhebliche Einschränkung ihrer Lebensqualität. Eine neue Möglichkeit zur effektiven und risikoarmen Behandlung des ET und des Tremor-dominanten PD-Syndroms ist der hochfokussierte Ultraschall (MRgFUS).
Ein wichtiger Vorteil dieses Verfahrens ist, dass weder die Haut noch die Schädelknochen geöffnet werden. Die genauen Ursachen des ET sind noch nicht bekannt. Es gibt Hinweise auf genetische Ursachen. Studien deuten jedoch darauf hin, dass Fehlfunktionen bestimmter Nervenzellen in Hirnregionen wie dem Thalamus ein möglicher Auslöser sein könnten. Hier setzt das neue fokussierte Ultraschallverfahren an, das vom Medizintechnikunternehmen INSIGHTEC entwickelt wurde.
Wie funktioniert das Verfahren?
Die Behandlung mit fokussiertem Ultraschall hat sich in vielen klinischen Studien weltweit seit einigen Jahren als sicher und wirksam erwiesen. Bislang wurden insgesamt rund 5.000 Patienten mit dieser Methode behandelt, die ohne operativen Eingriff funktioniert. Anders als bei der tiefen Hirnstimulation müssen weder die Haut noch die Schädeldecke geöffnet werden. Dabei werden Ultraschallwellen auf einen nur wenige Millimeter großen Hirnbereich fokussiert, gebündelt und in Wärme umgewandelt. Dies führt zur Verödung der Nervenzellen, wodurch das Tremornetzwerk unterbrochen wird.
Die Behandlung wird in einem Magnetresonanztomografen (MRT) zur Visualisierung sowie zur kontinuierlichen Temperaturüberwachung durchgeführt. Dadurch zeigt sich bereits während der Prozedur, ob die Behandlung an der richtigen Stelle ansetzt. Der fokussierte Ultraschall erlaubt eine kontrollierte Energiesteigerung, wodurch reversible Effekte durch Hemmung der Zellen am Zielort erzielt werden können. Da der Patient während der Prozedur wach ist, kann so überprüft werden, ob der Tremor wie gewünscht abnimmt oder aber der Zielpunkt verändert werden sollte. Erst dann wird die Temperatur gesteigert, um einen überdauernden Therapieerfolg zu erzeugen.
Worauf müssen sich Patienten einstellen?
Zur Behandlung platziert der Experte eine helmförmige Ultraschallquelle auf dem fixierten Kopf des Patienten (www.essential-tremor.com/de). Sie enthält über 1.000 einzelne Ultraschallquellen, von denen jede für die räumliche Ausrichtung präzise angesteuert werden kann. Die Behandlung dauert etwa drei bis vier Stunden. Der Kopf des Patienten wird kahl rasiert und ein sogenannter stereotaktischer Rahmen wird angebracht, um Bewegungen zu verhindern. Während der Behandlung befindet sich der Patient bei Bewusstsein und steht mit den behandelnden Ärzten im Austausch. Die Behandlung kann jederzeit abgebrochen werden, sollte sich der Patient zu einem Zeitpunkt unwohl fühlen. Wie jede andere Behandlungsmethode ist auch der fokussierte Ultraschall mit gewissen Risiken verbunden. So kann ein Patient während der Behandlung kurzzeitig Übelkeit, etwaige Schmerzen oder andere Eindrücke empfinden. Es besteht das Risiko, möglicherweise vorübergehend oder auch dauerhaft Taubheit oder Kribbeln in Körperregionen zu verspüren.
Des Weiteren können sich Gleichgewichts- oder Gangstörungen sowie Muskelschwäche einstellen. Diese Risiken sind jedoch eher selten, meist vorübergehend und überwiegend mild in ihrer Ausprägung. So zeigt eine langfristige randomisierte Studie mehrerer Zentren aus den USA, dass 74 Prozent der unerwünschten Nebeneffekte leicht und der Rest moderat waren. Weiterhin ist etwa die Hälfte aller Nebenwirkungen bereits innerhalb von 30 Tagen wieder verschwunden. Im Anschluss an die eigentliche Intervention liegt es im klinischen Ermessen der behandelnden Ärzte, wie lange der Patient zur Beobachtung im Krankenhaus verbleibt. In der Regel handelt es sich um wenige Tage. In den meisten Fällen verschwindet der Tremor unmittelbar nach der Behandlung bzw. wird deutlich reduziert. Der fokussierte Ultraschall ist daher eine wirksame Behandlungsoption für Tremorpatienten, die nicht ausreichend auf die medikamentöse Therapie ansprechen oder sich keinem operativen Eingriff unterziehen möchten oder können.