Denkt man an „Brille“, dann denkt man immer an „Sehen“. Dass jedoch eine Brille bei Einschränkungen in der Bewegung hilfreich sein kann, ist vielen Menschen nicht bewusst. Martin Mütsch, Augenoptikermeister und Geschäftsführer im Haus des Sehens in Landau, erfasst das Sehen in seiner ganzen Komplexität. So ist er auch vor vielen Jahren zur Erkenntnis gelangt, dass eine spezielle augenoptische Anpassung bei motorischen Problemen eine Lösung bieten kann.
Martin Mütsch
Augenoptikermeister und Geschäftsführer
Prof. Dr. Tobias Ehrhardt
Therapiewissenschaftler der SRH Hochschule für Gesundheit am Campus Karlsruhe
Bei Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma oder anderweitiger Hirnschädigung können vielerlei Alltagsaktivitäten stark beeinträchtigt sein. In unterschiedlicher Art und Intensität kann sich eine Dysfunktion des visuellen Systems negativ auf die Motorik auswirken:
• Unsicheres Laufen durch die veränderte Wahrnehmung des Raumes (z. B. Kippung der räumlichen Ebene), sodass sich die Körperhaltung entsprechend ungünstig anpasst.
• Betroffene stoßen häufig an, greifen daneben oder bleiben am Türrahmen hängen, denn der von ihnen wahrgenommene Raum und der reale Raum stimmen nicht mehr überein.
• Sie sehen nur einen Teil des realen Raumes, der andere Teil wird ignoriert (beim visuellen Neglect). Oder ein Teil des realen Raumes kann nicht mehr gesehen werden (Hemianopsie).
• Doppelbilder und/oder ein eingeschränktes räumliches Sehen können Gleichgewichtsprobleme zur Folge haben.
Die VMV-Neuro-Brille ermöglicht eine verbesserte Lebensqualität
Mit der sogenannten VMV-Neuro-Brille kann man diese Störungen mindern. Das Verfahren der Visuellen Motorischen Verbesserung (VMV) weist auf die Verbindung von Bewegung und Sehen hin. Es umfasst ein patentiertes Konzept der Spezialanpassung und geht auf die individuellen Bedürfnisse der Patientin oder des Patienten ein. Die therapeutischen Spezialbrillen unterstützen die Rehabilitation und Therapie nach einem Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma oder anderweitiger Hirnschädigung. Sie ermöglichen vielen Betroffenen, ihre Selbständigkeit und Unabhängigkeit zurückzuerlangen. In der VMV-Neuro-Brille sind Glaskeile, sogenannte Yoged Prismen, integriert. Sie lenken Lichtstrahlen um und sind für das Auge kaum sichtbar. Die speziellen Gläser bringen den gesehenen Raum mit dem realen Raum weitgehend wieder in Übereinstimmung. Idealerweise wird auch mit Physio- und Ergotherapeuten sowie Ärzten zusammengearbeitet – vom Erstkontakt über den Beratungs- und Anpassungsprozess bis zur konkreten Spezialanpassung und regelmäßigen Kontrolle. So können multiprofessionelle Teams für die betroffenen Menschen das Optimale leisten.
Die VMV-Neuro-Brille unterscheidet sich in ihrem Aussehen nicht/wenig von einer „normalen“ Brille. Die Durchführung einer Spezialanpassung benötigt (je nach Beeinträchtigung der Patientin oder des Patienten) ca. 2-4 Stunden vor Ort im Haus des Sehens in Landau. Hier können in verschiedenen Stufen bereits die Effekte der finalen, individuell angepassten Brille simuliert werden und eine Anpassung so weit erfolgen, dass Betroffene die fertige Brille bereits nach wenigen Wochen erhalten.
Einblick & Ausblick
Martin Mütsch wurde bereits eine Anerkennung für sein Konzept beim Landes-Innovationspreis Rheinland-Pfalz ausgesprochen. Das Konzept wird stetig weiterentwickelt und in Schritten wissenschaftlich untermauert. Rückmeldungen der Betroffenen und alle weiteren Erkenntnisse werden regelmäßig gesammelt und verwertet. Die enge Zusammenarbeit mit dem Therapiewissenschaftler Prof. Dr. Tobias Ehrhardt der SRH Hochschule für Gesundheit am Campus Karlsruhe ermöglicht eine professionelle wissenschaftliche Begleitung. Die Pionierarbeit von Martin Mütsch hat sich etabliert und Betroffene kommen aus dem kompletten deutschsprachigen Raum in die schöne Pfalz und finden hier eine lang-ersehnte Hilfestellung. Um noch mehr betroffenen Menschen helfen zu können, wird das patentierte VMV-Verfahren mit weiteren Netzwerk-Partnern ausgebaut. Augenoptiker, Ärzte und Physio-/Ergotherapeuten können sich bei Interesse gerne melden. Auch VC-Geber (Venture Capital Gesellschaften) könnten auf diesem Wege Partner werden. Martin Mütsch ist offen für Kooperationen mit Menschen, die nach einer sinn- und werteorientierten Zukunft streben.