Videoanrufe gegen Isolation? Die WHO zeigt in einer Studie, dass digitale Kommunikation tatsächlich wohltuend für die psychische Gesundheit sein kann und Vereinsamung vorbeugt. Auch Online-Gaming kann sich positiv auf die Sozialkompetenz und den Teamgeist der Spieler auswirken.
„Ich bin einsam“ – immer mehr fühlen sich in Deutschland allein
Es scheint, als wäre Kurt Tucholsky seiner Zeit voraus gewesen: Ein voller Terminkalender ist noch lange kein erfülltes Leben. So oder so ähnlich beschreiben immer mehr Deutsche ihren aktuellen Gemütszustand. Zwar sind sie durch digitale Netzwerke wie Instagram und Co. ständig mit anderen verbunden, doch meist nur oberflächlich und digital.
Zahlreiche Studien von Krankenkassen und Universitäten zeigen, dass sich die Anzahl, der sich einsam Fühlenden deutlich erhöht hat. 2019 waren es noch 10,8 Prozent, 2020 schon über 26 Prozent und 2021 sogar mehr als 42 Prozent.
Wie fühlt sich Einsamkeit an?
Wissenschaftlich messen lässt sich das Einsamkeitsgefühl nicht, denn es wird subjektiv wahrgenommen. Der Mangel an sozialen Kontakten und ein Defizit bei der Aufmerksamkeit und Wertschätzung anderer wird dabei als negatives und häufig belastendes Gefühl empfunden.
Der Mangel an sozialen Kontakten und unterstützender Gemeinschaft verursacht Einsamkeit und Gefühle der Isolation, die zu Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit führen können. Dauert dieser Zustand länger an, können sich daraus sogar depressive Symptome ergeben. Dazu gehören beispielsweise Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit oder Antriebslosigkeit. Sie können Jung und Alt, „Ottonormalverbraucher“ und VIPs gleichermaßen treffen, wie Wincent Weiss, Nora Tschirner oder Jim Carrey zeigen.
Was kann ich gegen Einsamkeit tun?
Gegen das der Einsamkeit hilft vor allem die erneute Kontaktaufnahme zu anderen. Oft sind die guten Freunde plötzlich durch einen Umzug zu weit weg oder es ist zu spät, um sich mit anderen im Café oder einem Restaurant zu treffen. Dank voranschreitende Digitalisierung geht die Kontaktaufnahme auch bequem von den eigenen vier Wänden aus. Mit dem Video-Telefonat sind sich Freunde plötzlich wieder ganz nah, obwohl vielleicht hunderte oder tausende Kilometer zwischen ihnen liegen.
Auch einsame Online-Aktivitäten schweißen zusammen und sind ein gutes Mittel gegen Einsamkeit. Mit wachsender Begeisterung spielen beispielsweise nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern immer mehr Erwachsene MMORPG Games, vor allem auf einer der meistverkauften Konsolen weltweit, der PS4. Abhängig vom gespielten Titel werden zahlreiche Skills und persönlichkeitsbildende Merkmale gefördert.
Spieler lernen nicht nur mit Erfolgen und Niederlagen umzugehen, sondern auch geduldig zu sein oder strategisch zu denken. Einige Missionen lassen sich oftmals nicht nur in Einzelspieler-Manier erfolgreich meistern, sondern benötigen die Kompetenz mehrerer Spieler. Nur, wenn sich alle abstimmen, sich aufeinander verlassen können und an der gemeinsamen Zielrealisierung arbeiten, wird die Mission zu einem Erfolg.
Vom Onlinespiel in die Realität – das Sozialverhalten in den Games lässt sich auch in die Praxis übertragen. Auch am Arbeitsplatz müssen mehrere Kollegen häufig an einem Strang ziehen und zusammenarbeiten. Gleiches gilt auch für schulische Aktivitäten. Ohne eine gute Kommunikation mit Mitschülern, eine gerechte Aufgabenverteilung und ein Teambewusstsein lassen sich beispielsweise gemeinschaftliche Präsentationen nicht realisieren.
Gemeinsam Neues entdecken: Der Anfang einer starken sozialen Bindung
Studien zu Fähigkeiten unter MMORPG-Spielern haben herausgefunden, dass das Interesse am gemeinsamen Erleben und Entdecken groß ist, jedoch oft die emotionale Tiefe zwischen den Spielern vernachlässigt wird.
Die Lust auf Neues machen sie Spielehersteller ganz bewusst zunutze und bringen regelmäßig neue Versionen sowie Fortsetzungen altbekannter, beliebter Games auf den Markt. 2023 soll ein Game aus der Third-Person-Perspektive folgen: Throne and Liberty. Zwar ist noch nicht viel über das Spiel bekannt, aber schon jetzt herrscht große Vorfreude in der MMORPG-Community.
Das gemeinsame Warten und die Spekulationen über mögliche Gameplays, Charaktere und Co. sind ebenfalls eine soziale Komponente, die Spieler näher miteinander verbindet und das Gemeinschaftsgefühl fördert. Auch Kerbal Space Program 2 wird bereits sehnlichst von der Gähnen-Community erwartet, um gemeinsam an kreativen Raumfahrtprogrammen und -schiffen zu arbeiten. Nur, wenn die Vision im Team umgesetzt wird, gelingt die Besiedlung auf anderen Planeten und der nachhaltige Ressourcen-Umgang.
Warp Nexus greift den Wunsch vieler Spieler nach unendlicher Freiheit als neuer Titel 2023 ebenfalls auf. Hier sind Gamer, wie im realen Leben auch, wahlweise durch Solo-Missionen auf sich allein gestellt oder müssen spannende Quest im Team lösen. Eine herausfordernde Aufgabe, denn hier ist das ganze Potpourri der Sozialkompetenz gefragt.
Kann zu viel eintauchen in virtuelle Welten auch schaden?
Immer wieder wird in vielen Zeitschriften oder Onlinebeiträgen davon berichtet, dass Gaming der Psyche schadet und vor allem Kinder und Jugendliche von den Negativfolgen betroffen sind. Eine Studie der Johannes Gutenberg Universität Mainz scheint das zu bestätigen: Hier wurde festgestellt, dass intensiver Internetkonsum die Bindungsfähigkeit Jugendlicher zu Gleichaltrigen stark stören kann.
Doch Medienpädagogen zeichnen ein anderes Bild, wenn der Konsum von Onlinespielen und Onlinenutzung ausgewogen ist. Mittlerweile nutzen mehr als zwei Drittel aller zwölf bis 19-Jährigen mehrmals wöchentlich das Internet, um sich mit Nachrichten zu versorgen, mit anderen Kontakt zu treten oder zu spielen. Medienpädagoge Prof. Dr. Roland Rosenstock von der Universität Greifswald weiß beispielsweise von den Vorzügen der Online-Interaktionen zu berichten. Durch das gemeinsame Spielen wird beispielsweise das Gemeinschaftsgefühl gefördert und der soziale Horizont erweitert.
In MMORPG-Spielen wie World of Warcraft, Final Fantasy XIV: A Realm Reborn, Black Desert Online und Guild Wars 2 haben Gamer die Möglichkeit, sich mit anderen Nutzern weltweit zu vereinen und ein Team zu bilden. Das fordert nicht nur die Kommunikationsstärke, da der Austausch häufig in Englisch erfolgt, sondern erweitert den Horizont für andere Nationen und Kulturen.
Diese Offenheit gegenüber anderen und die Scheu vor der Kommunikation kann jungen Spielern bei ihrem weiteren (beruflichen) Weg weiterhelfen. Sie gehen beispielsweise selbstbewusster in ein Bewerbungsgespräch oder können auch mit Ablehnung (u. a. durch eine Stellenabsage) besser zurechtkommen.