Immer mehr Menschen nutzen Wearables und Apps, um ihren Schlaf zu tracken und mehr über das eigene Schlafverhalten herauszufinden. Doch was sagen die gewonnenen Daten und wie wertet man sie sinnvoll aus?
Mit dem bundesweit ersten Professor für Schlafmedizin und Telemedizin, Prof. Dr. med. Christoph Schöbel, sprachen wir darüber, worauf zu achten ist.
Univ.-Prof. Dr. med. Christoph Schöbel
Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums in Essen
Professor für Schlaf- und Telemedizin, Facharzt für Innere Medizin / Kardiologie / Schlafmedizin
Somnologe (DGSM, ESRS), Hypertensiologe (DHL)
Prof. Schöbel, das Thema „Schlaftracking“ ist in vielen Schlafzimmern angekommen. Welche Möglichkeiten gibt es?
Neben Smartwatches, mit denen man durch Schlaftracking Aussagen zum eigenen Fitnesslevel und zur Selbstoptimierung erhält, gibt es mittlerweile die Möglichkeit, mit integrierten Sensoren die Sauerstoffwerte im Schlaf zu tracken. Das kann auch für uns als Schlafmediziner hilfreich sein, weil längere Zeiträume beobachtet und z. B. Atemaussetzer identifiziert werden können. Allerdings sind diese noch nicht als Medizinprodukt zugelassen – daher können wir uns auf diese Werte noch nicht verlassen. Darüber hinaus gibt es erste Präventions-Apps für Menschen mit Schlafproblemen, die von den Krankenkassen bezahlt werden. Sie dienen dazu, klinisch relevanten Schlafstörungen möglichst schon im Vorfeld entgegenzuwirken, sodass diese gar nicht erst entstehen. Neben bestimmten Voraussetzungen für guten Schlaf, muss man immer individuell betrachten, was hilft.
Letztlich ist immer Entspannung der Schlüssel für einen gesunden Schlaf.
Wie zuverlässig sind die Daten, die beim Schlafen aufgenommen werden?
Nur zertifizierte Medizinprodukte, die man an der speziellen CE-Kennzeichnung erkennt, garantieren, dass man valide Werte bekommt, anhand derer sich etwa eine Diagnose stellen oder weiter differenzieren lässt. Auch andere Apps und Wearables aus dem Lifestyle-Bereich können interessante Hinweise geben – aber hier sind die Ergebnisse nicht gegen die etablierten Standardmessungen verglichen, also nicht so genau oder unzuverlässig. Erste Initiativen wie z. B. die Initiative „Trusted Health Apps“ der Bertelsmann-Stiftung machen öffentlich, welche Apps vertrauenswürdig oder medizinisch nutzbar sind, um Anwendern sowie auch Ärzen Orientierung zu geben.
Welche Arten von Schlaftracking sind aus schlafmedizinischer Sicht sinnvoll?
Wenn man eine Rückmeldung zu seinen Schlafgewohnheiten bekommen kann, ist das ja primär erst einmal positiv zu bewerten und die Daten können zum Teil ja auch für uns als Schlafmediziner interessant sein. Natürlich ist es aber eine Typfrage, ob Schlaftracking sinnvoll ist. Die subjektive Wahrnehmung des Schlafs spielt nämlich häufig eine größere Rolle als eine vermeintlich objektive Schlafmessung. Und da die meisten der Schlaftracker nicht gegen die etablierten klinischen Messmethoden verglichen wurden, ist häufig nicht klar, ob die Tracker wirklich das messen, was sie vorgeben zu messen. Auf diese Weise können vermeintlich schlechte Messergebnisse dieser Schlaftracker bei Menschen mit Schlafproblemen zu noch mehr Stress führen und eventuell sogar eine ungünstige Spirale mit weiterer Verschlechterung der subjektiven Schlafqualität auslösen.
Gibt es Anzeichen oder Warnsignale, bei denen man einen Arzt aufsuchen sollte?
Wenn man regelmäßig Ein- und Durchschlafstörungen hat, nicht erholt aufwacht oder tagsüber müde ist, obwohl man dem Schlaf genügend Raum und Zeit gegeben hat, sollte man das abklären lassen. Nicht nur Unruhe, Ängste oder Stress, auch Begleiterkrankungen, bestimmte Medikamente, Alkohol oder Drogen wirken sich ungünstig auf Schlaf aus. Von einer Schlafstörung spricht man, wenn die Beschwerden länger als drei Monate bestehen. Erste Anlaufstelle sind in der Regel Hausärzte, die ggf. auch weiter an Schlafmediziner überweisen können.